Freitags 5nach6 - Osterkerze 2023 Taube mit Zweig

19. Mai 2023

343 5nach6 19.05.23_Osterkerze 2023 Taube mit Zweig  1                               Ps 34?

Wir haben ja schon auf die Osterkerze geschaut, die uns unsere Konfirmierten hinterlassen haben: Alpha und Omega. Nun haben wir aber noch ein zweites Symbol – die Taube mit dem Zweig.

Die Taube gilt als Symbol des Heiligen Geistes. Schon in der Antike stand sie für Sanftmut und Liebe. Man nahm fälschlicherweise an, sie habe keine Gallenblase und sei daher frei von allem Bitteren und Bösen. In der biblischen Geschichte von der Sintflut bringt eine … Taube einen grünen Ölzweig zur Arche Noah zurück und signalisiert damit Rettung und Neuanfang des Lebens.

Die eigentliche Herleitung der Taube als Symbol für den Heiligen Geist aber kommt aus dem Neuen Testament: Die Evangelisten berichten, dass sich nach der Taufe Jesu im Jordan der Himmel öffnete und der Geist Gottes in Gestalt einer Taube herabkam. Zugleich war die Stimme zu hören: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe“, wie es im Matthäus-Evangelium heißt. (ekd.de)

Schon in vorbiblischer Zeit war die Taube ein Friedenssymbol … Die Rückkehr der Taube mit dem Olivenzweig wird daher als Zeichen des Friedensschlusses verstanden – im AT als Friedensschluss zwischen Gott und Mensch (heute auch zwischen Mensch untereinander und zwischen ihnen und der sie umgebenden Natur). Die Taube wie der Olivenzweig werden zu Friedenssymbolen …1949 wurde von Pablo Picasso die Silhouette einer Taube entworfen … 1955 erhielt er den Weltfriedenspreis. Seitdem ist die Friedenstaube ein weltweites Symbol für den Frieden und die Friedensbewegung. (Wikipedia)

Ein bekanntes Kirchenlied führt beide Bedeutungen – Taube als Symbol für den Hl. Geist und als Symbol für Frieden – zusammen:

EG 171 Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott

Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott
Sei mit uns vor/in allem Bösen
Sei Hilfe, sei Kraft, die Frieden schafft
Sei in uns, uns zu erlösen
Sei Hilfe, sei Kraft, die Frieden schafft
Sei in uns, uns zu erlösen.

Gott selbst soll Frieden schaffen, weil Menschen offensichtlich (zu) schnell an ihre Grenzen stoßen. Aber Gott will die Menschen damit nicht aus ihrer Pflicht zum Bemühen um Frieden entlasse. Hände in den Schoß legen und Gott machen lassen, das gilt nicht!

Der Psalmdichter wird deutlich und richtet seinen Ruf an uns Menschen: „Suche Frieden und jage ihm nach!“ heißt es in Ps. 34,15.

Es lohnt sich, auf den genauen Wortlaut zu schauen!

Da ist zunächst das Wort „Suche“. Ich soll also nicht so tun, als wüsste ich schon ganz genau, was Frieden ist! Ich soll ihn suchen, am besten zusammen mit anderen. So ist es auch Ps 34, dort richtet ein Engel diese Aufforderung an jeden Einzelnen in einer Gruppe von Zuhörern und Zuhörerinnen. Mit mir allein kann ich relativ leicht Frieden finden. Das deutsche Wort Selbstzufriedenheit zeigt es.

Frieden fällt nicht vom Himmel. Suchen ist ein Prozess, ein Vorgang. Und dieser Vorgang ist kein gemütlicher Spaziergang, da sind Wille und Einsatz gefragt. Das Wort „jagen“ bringt das zum Ausdruck. Und dringlich scheint es auch zu sein, eine Jagd eben.

Den Frieden suchen und ihm nachjagen … Für diesen Suchprozess gibt es in der Bergpredigt ein Navi - Jesu Wort von der Feindesliebe (Mt 5).

38»Ihr wisst, dass gesagt worden ist: ›Auge für Auge und Zahn für Zahn!‹39Ich sage euch aber: Wehrt euch nicht gegen Menschen, die euch etwas Böses antun! Sondern wenn dich jemand auf die rechte Backe schlägt, dann halte ihm auch deine andere Backe hin!40Wenn dich jemand verklagen will, um dein Hemd zu bekommen, dann gib ihm noch deinen Mantel dazu!...42Wenn dich jemand um etwas bittet, dann gib es ihm! Und wenn jemand etwas von dir leihen will, dann sag nicht ›Nein‹.«

43»Ihr wisst, dass gesagt worden ist: ›Liebe deinen Nächsten‹ und hasse deinen Feind!44Ich sage euch aber: Liebt eure Feinde! Betet für die, die euch verfolgen!45So werdet ihr zu Kindern eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne aufgehen über bösen und über guten Menschen. Und er lässt es regnen auf gerechte und auf ungerechte Menschen.46Denn wenn ihr nur die liebt, die euch auch lieben: Welchen Lohn erwartet ihr da von Gott? … Was tut ihr da Besonderes?

Welch eine Herausforderung, welch eine Zumutung! Heißt das etwa heute: Frauen und Kinder, wehrt euch nicht, wenn euch Gewalt angetan wird! Ukrainer, wenn Putin das Donbass-Gebiet besetzt, dann lasst ihm auch noch die Krim!

Fairerweise scheint Jesus das Ausmaß seiner Zumutung zu erkennen. Er sagt weiter:

48Für euch aber gilt: Seid vollkommen,so wie euer Vater im Himmel vollkommen ist!«

Von dieser Vollkommenheit bin ich, sind wir in Europa und weltweit weit entfernt, leider.

„Mit der Bergpredigt kann man keine Politik machen!“ Bismarck soll das gesagt haben. Helmut Schmidt hat es auf jeden Fall gesagt. Dieser Satz meint doch: Der Bergpredigt – und damit der Bibel überhaupt – geht es um den Menschen vor Gott und um sein ewiges Seelenheil. Die Politik hat es dagegen mit der Verantwortung für die Gestaltung der Welt zu tun. Beide Bereiche gilt es feinsäuberlich auseinanderzuhalten, weil in beiden unterschiedliche Regeln gelten. Oder etwa nicht?

Auf der Homepage der Ev. Kirche in Baden kommt der Theologe Traugott Schächtele zu Wort:

Im Grunde liefert schon die Reformation selber die Modelle des Verhältnisses von Glauben und Politik, die auch heute noch diskutiert werden. Zwar hat Gott in Kirche und Welt das Sagen, so Luther. Aber er übt diese Macht auf zweierlei Weise aus. In der Welt mit dem „Schwert“ – wir würden heute sagen mit den Möglichkeiten des Gewaltmonopols (also Polizei, Strafverfolgung und Militär). In der Kirche mit dem Evangelium, also mit den Grundsätzen, die wir der Bibel entnehmen können. Die Bergpredigt gilt so nur für den „innerkirchlichen Gebrauch“. In der Welt der Politik kommt es auf … (die besseren) Argumente und auf die Einhaltung der Gesetze an.

Dieses Modell der Unterscheidung zweier Herrschaftsbereiche wurde von vielen von Anfang an in Frage gestellt. Gott, so argumentierten die Kritiker, kann im Raum des Politischen nicht außen vor bleiben. Klar formuliert findet sich diese Position in der Barmer Theologischen Erklärung (1934): „Wir verwerfen die falsche Lehre, als gebe es Bereiche des Lebens, in denen wir nicht Jesus Christus, sondern anderen Herren zu eigen wären.“

Je stärker der Bereich des Politischen von dem der Kirche abgespalten wird, desto größer ist die Gefahr, dass die Kirche sich aus der politischen Verantwortung für Staat und Gesellschaft heraushält und diese sich selber überlässt. Aber auch die umgekehrte Position hat ihre Tücken. Die Kirche kann sich auch überheben und einen Staat (und die Menschen in ihm) überfordern mit dem Anspruch einer Zuständigkeit für alles und jedes und mit der Behauptung, im Besitz der alleinigen Wahrheit zu sein.

Natürlich müssen wir Kirche und Staat bei der Wahrnehmung der jeweils unterschiedlichen Aufgaben unterscheiden. Aber die Grundüberzeugungen von der Würde und der Freiheit eines Menschen verlieren im politischen Bereich nicht einfach ihren Anspruch ...

Als Kirchen müssen wir unsere Stellung zu politischen Themen in Eigenverantwortung bestimmen und entwickeln. Mit fachkundigen Beiträgen, aber ohne den Anspruch, es immer besser zu wissen. … In der Bescheidenheit der Einschätzung der eigenen Möglichkeiten, weil wir nur einer unter vielen sind. In der Rückbindung an unseren Glauben, dass Gott sich nicht zu schade war, sich in die Verhältnisse der Welt einzumischen, indem er seine Gegenwart an den Menschen Jesus gebunden hat.

Insofern können wir unseren Beitrag … zur Politik in zweifacher Weise wahrnehmen: im aufdeckenden und orientierenden Wort der Kirche, das über einfach nur praktische und rein vernünftige Lösungen hinausweist. Und im konkreten Engagement von Frauen und Männern, die politische Verantwortung übernehmen – in … Bürgerinitiativen ebenso wie in Parlamenten. Politik ist kein „schmutziges Geschäft“, von dem wir uns möglichst fernhalten sollen. Sie ist mehr denn je Teil … der Aufgabe, das Überleben dieses Planeten zu sichern.

Der Weg, politische Verantwortung zu übernehmen, ist ein zweifacher: Indem wir die Welt ins Gebet nehmen. Und indem wir sie mitgestalten. Gerade auch da, wo die politischen Entscheidungen fallen.

Prof. Dr. Traugott Schächtele, Prälat i.R. Mit der Bergpredigt – womit sonst! (ekiba.de)

Wenn ich unterstelle, dass die Konfirmierten die Kerze auch wegen des Krieges in der Ukraine ausgesucht haben, dann können sie mit dem bisher Gesagten nicht zufrieden sein. Was bedeuten Friedensgebot und Feindesliebe denn z.B. in dieser Frage – und anderen?

Gut, dass wir uns nächsten Freitag wiedersehen können 😊

Gebet: EG 171

Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott
Sei mit uns auf unsern Wegen
Sei Quelle und Brot in Wüstennot
Sei um uns mit deinem Segen
Sei Quelle und Brot in Wüstennot
Sei um uns mit deinem Segen

Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott
Sei mit uns in allem Leiden
Voll Wärme und Licht im Angesicht
Sei nahe in schweren Zeiten
Voll Wärme und Licht im Angesicht
Sei nahe in schweren Zeiten

Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott
Sei mit uns vor allem Bösen
Sei Hilfe, sei Kraft, die Frieden schafft
Sei in uns, uns zu erlösen
Sei Hilfe, sei Kraft, die Frieden schafft
Sei in uns, uns zu erlösen

Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott
Sei mit uns durch deinen Segen
Dein Heiliger Geist, der Leben verheißt
Sei um uns auf unsern Wegen
Dein Heiliger Geist, der Leben verheißt
Sei um uns auf unsern Wegen