Freitags 5nach6 - Ostern

05. April 2024

376 5nach6 05.04.2024 Ostern                Ps 118

Quelle: Alexander Deeg, Auferstehung! Heute geht der Vorhang auf - Gottesdienst-Institut der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Nürnberg, 2024, S.9-16, Handreichung (Art.-Nr.2425), Zitate kursiv
 Material: ders., Bildkarte „Auferstehung“ (Art.-Nr. 2424). Sie zeigt das Auferstehungsfenster (Plauen) von Michael Triegel. Sie kann im Shop des Gottesdienstinstitutes betrachtet werden unter diesem Link:

https://shop.gottesdienstinstitut.org/karte-auferstehung-auferstehungsfenster-plauen-michael-triegel-2023.html

 

Früher wurden während der Passionszeit die Altäre mit großen Tüchern verhängt, den sog. Hungertüchern. Das kath. Hilfswerk hat diese Tradition aufgenommen und stellt aktuelle Hungertücher her. Verhängter Altar – Jesus ist nicht mehr zu sehen, ist tot. Zu Ostern wurde das Tuch abgenommen und der auferstandene Christus war zu sehen.

Das Bild „Auferstehung“ des Künstlers Michael Triegel zeigt: Der Vorhang ist offen, wir haben den freien Blick auf den auferstandenen Christus. Das Bild hängt als Fensterbild in der Johanniskirche in Plauen.

Mit Ostern steht der Vorhang offen – und wir sehen, was sich niemals wirklich verstehen lässt. Der, der tot war, lebt! Wir sehen das, was verborgen bleibt, wenn unsere Angst sich als dunkler Vorhang vor unsere Augen schiebt; wenn Sorgen uns beherrschen. 

Mit Ostern aber steht der Vorhang offen und wir sehen Christus … ER lebt und ER kommt auf uns zu. Das ist wichtig, wenn wir in Ostern mehr sehen wollen, als eine umstrittene Horrorgeschichte, die nur um die Frage kreist: War das Grab nun leer oder nicht? ER kommt auf uns zu, auch heute.

Immer wieder arbeitet der Leipziger Künstler Michael Triegel mit der Verhüllung. … Triegel zeigt damit, was ich nur allzu gut kenne, wenn ich frage: Wo bist du, Gott? Ich kann nicht erkennen, dass du da bist! Wo bist du in den Kriegen, die uns so bedrohlich umgeben? Wo bist du mit deiner Macht im Angesicht von Terror und Gewalt? Ist nicht jede Nachrichtensendung ein schlagender Beweis für all die, die schon lange nicht mehr damit rechnen, dass es dich, Gott, gibt?...

Aber mit Ostern zieht Gott den Vorhang auf …! Michael Triegel zeigt uns, was es dann zu sehen gibt. Kaum zu glauben… aber da steht ER, schwebend und leicht. Die rechte Hand weist nach oben – Zeichen des Sieges und Zeichen des Segens. Beides gehört zusammen an Ostern: Da ist der Sieger über den letzten Feind, den Tod; und ER kommt auf uns zu, geht uns entgegen, segnet uns, die wir heute hier sitzen, …

Da steht ER – schwebend und leicht. Die Fahne des Sieges hält er in der linken Hand. Unter seinen Füßen sehen wir einen Schädel und Tierknochen. Der Tod ist besiegt.

Da steht ER. Und wenn dieser eine lebt, Christus, der Gekreuzigte, dann muss und dann wird niemand im Tod bleiben. Neben seinem rechten Fuß sind Fische zu sehen unter dem Regenbogen. Stehen sie für uns Christenmenschen, weil der Fisch seit alters das Symbol der Christinnen und Christen war? …

Da steht ER – und hier sitzen wir an Ostern 2024 und sehen das Licht, das mit IHM durch die Wolken bricht. Und wir sehen den Regenbogen, das alte Symbol der Hoffnung.

Der Leipziger Künstler Michael Triegel zieht den Vorhang auf. …

Links sind zwei Menschen zu sehen, nackt und umgeben von Feigenblättern. Wenn wir kurz nach ganz rechts blicken, sehen wir dort einen angebissenen Apfel. Und die Geschichte vom allerersten Anfang kommt mir in den Sinn: Adam und Eva im Paradies. Dort lebten sie, so erzählt die Bibel, verbunden miteinander, mit der Natur des Paradiesgartens und mit Gott. …. Aber da war auch die Schlange, die das Misstrauen säte. Und die beiden Menschen gegen Gott und sein Gebot aufbrachte. Heute an Ostern erinnert Triegel an diesen allerersten Anfang und zeigt uns die beiden.

Zeigt er sie, so frage ich mich, in dem Moment, als sie von dem Apfel gegessen haben, der angebissen rechts unten liegt? Zeigt er sie als sie nun mit Schrecken sehen und erkennen, was gut und böse ist? … Nein, eher nicht. Von Furcht ist nichts zu sehen in den Gesten Adams und erst recht nicht in seinem Blick. Eher Erwartung und Freude! Und auch Eva, …, hält die Hände nicht schützend vor die Augen. Sie will sehen, was ihr entgegenkommt, und hofft darauf, dass es etwas Gutes ist und dass diese Welt mehr bereithält als … Scheitern und Versagen, von Kriegen, Krisen und Katastrophen.

Ostern löst nicht die Probleme dieser Welt, aber es öffnet den Vorhang, weil diese Welt mehr ist als die Summe ihrer Probleme, weil dieses Leben mehr ist als die Sorge. Warum? Weil ER kommt, der Auferstandene – und schon da ist, mitten unter uns. …

Aber da ist ja noch die rechte Seite. Und vielleicht geht es mir heute ja weniger wie den beiden Hoffenden auf der linken Seite, sondern eher wie dieser hölzernen Puppe auf der rechten - vor der Backsteinmauer auf einem Stuhl. Kein lebendiges Grün …, nirgends. Allein und leblos sitzt sie da. Beschäftigt mit einer alten Schreibmaschine, …

Ist das der Mensch, wie er heute lebt? Bin ich das? Irgendwie allein, einsam und einigermaßen leblos, beschäftigt mit mir selbst? … Ein Holzkopf – blind für alle und alles um mich herum?

Bin ich das? Hölzern ist vielleicht auch mein Glaube geworden. Routiniert, in der Tradition verhaftet. Manchmal sage ich die großen Sätze des Glaubens auf, als wären sie Floskeln längst vergangener Zeiten, die mein Herz nicht mehr erreichen: „Der Herr ist auferstanden.“ … Ja, das weiß ich. Aber fühle ich es, erfahre ich es auch, bestimmen diese Worte mein Leben? …

Bin ich das? Auffällig ist der rechte Fuß der Holzpuppe. Es sieht so aus, als würde er sich abwenden von dem angebissenen Apfel. Geht es mir ähnlich – und bin ich ein Mensch, der nicht mehr erinnert werden will an die alte Geschichte und an die eigenen Fehler? Nicht mehr daran denken will, wie es hätte sein können – ein Leben mit Gott im Garten, paradiesisch. Ein Leben mit Gottes Geboten. …

Aber dann ist da etwas, das nicht in das düstere Bild passt. Es sieht so aus …, als gerate die Holzfigur genau in dem Moment, den das Bild uns zeigt, in Bewegung. Die Hände sind von der Schreibmaschine gelöst. Da wird nicht einfach weitergeschrieben … Die Figur hält inne. Der Kopf ist dorthin gedreht, wo gerade etwas geschieht. Die Puppe blickt in die Mitte, dorthin, wo der Auferstandene zu sehen ist. ER kommt … in diese mutlose Welt, diese Welt voller Angst, diese Welt, die enger wird von Tag zu Tag.

Es ist bedrückend, wenn sich junge Menschen „Die letzte Generation“ nennen.

Es ist erschütternd, wenn sich alte Menschen abwenden, die Welt nicht mehr verstehen und nicht glauben wollen, wie wenig wir aus den vergangenen Kriegen gelernt haben.

Es ist bestürzend, wie viele es aufgegeben haben, an ein Miteinander zu glauben, daran, dass sich Politik gestalten und verändern lässt.

Es ist erschreckend, wie mutlos viele geworden sind angesichts von Kriegen und Krisen – und sich lieber den großen Zusammenbruch wünschen und einen diffusen Neuanfang.

Aber da geht der Vorhang auf – und ER kommt. Schwebend und leicht. Es ist kaum zu glauben. Aber der Vorhang steht offen …

Wie damals das Grab am allerersten Ostermorgen in Jerusalem: Maria Magdalena und Maria, die Mutter Jesu, gehen frühmorgens mit Ölen zum Grab um den toten Körper zu salben. Zu ihrer Überraschung ist der große Stein vor dem Grab beiseitegeschoben! In der Grabhöhle sehen sie zu ihrem Schrecken einen jungen Mann in weißem Gewand sitzen. Und der hat eine Botschaft für sie: „Habt keine Angst! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Sagt seinen Jüngern dass er vor euch hingeht nach Galiläa; da werdet ihr ihn sehen. (vgl. Mk 16, 1-8)

Am Ende des Osterevangeliums steht ausgerechnet die Furcht. Aber auch die Botschaft: ER geht voraus – dorthin, wo ihr auch hingeht, nach Galiläa, in eure Heimat: … Das ist das Osterevangelium: Er kommt – zu dir und zu mir. …

Das Auferstehungsbild Michael Triegels ist als Kirchenfenster seit Ostern 2023 in der Johanniskirche in Plauen zu sehen. …

In Plauen erinnern sich noch viele an das, was 1989 dort geschah. In der Johanniskirche fanden Friedensandachten statt, im Oktober und November 1989, …. Inmitten der Androhung staatlicher Gewalt kamen Christinnen und Christen und viele zusammen, die nicht mehr zur Kirche gehörten. Es wurde … spürbar, wofür diese alte Kirche steht: für die eigentliche Wahrheit, die sich so oft hinter dem Vorhang der Wirklichkeiten dieser Welt verbirgt; für den Frieden gegen die staatliche Gewalt, für Freiheit gegen alle Unterdrückung. Für viele, die damals dabei waren, verwandelte sich die Resignation in Hoffnung. Wo nach vierzig Jahren DDR nichts mehr zu erwarten schien, blickten Menschen gemeinsam wieder nach vorne. Die Christinnen und Christen unter den Teilnehmenden des Gebets hofften auf Gott, der die Todesmächte da draußen überwindet.  Und seit Ostern 2023 kommt ihnen Triegels Christus in dieser Kirche entgegen.

Ach, komm, Lebendiger.

Ziehe meinen Blick auf dich.

Wecke die Hoffnung in mir.

Komm auf mich zu, schwebend über den Abgründen des Todes.

Zeig mir die Fahne des Sieges und schenke mir die Gewissheit,

dass du stärker bist als alle Mächte des Todes. Segne mich.

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St. Johannis Königsdahlum