Freitags 5nach6 - Ein Jahr Krieg in der Ukraine

24. Februar 2023

334 5nach6 24.02.2023_Ein Jahr Krieg in der Ukraine    Ps 34

Beim Propheten Micha lesen wir (Micha 4, 1- 4 i.A.): Gott wird unter großen Völkern richten und viele Heiden zurechtweisen in fernen Ländern. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Kein Volk wird gegen das andere das Schwert erheben, und sie werden fortan nicht mehr lernen, Krieg zu führen. Ein jeder wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen, und niemand wird sie schrecken.

Heute vor einem Jahr hat Russland einen Krieg gegen die Ukraine begonnen.

Alexander Gross ist Pastor der ev.-luth. Kirche im ukrainischen Odessa. Im Interview (Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 17.02.23, S.5) sagt er:

Alle hoffen, dass der Krieg so schnell wie möglich zu Ende ist. Alle brauchen Frieden … Aber … niemand sagt, dass die Kämpfe … in ein paar Monaten vorüber sein werden …

Pastor Gross schildert die Situation in einer Gemeinde am Dnipro.

Bis heute schießen die Russen jeden Tag auf das Dorf und sorgen für Angst und Zerstörung. … Trinkwasser bekommen die Menschen aus Wassertanks. Seit Mitte Oktober gibt es auch keinen Strom, weil die Leitungen zerstört wurden … Wir haben vor einiger Zeit einen Generator geschickt, damit sie wenigstens ein paar Stunden am Tag Strom haben.

Beim Propheten Micha lesen wir (Micha 4, 1- 4 i.A.): Gott wird unter großen Völkern richten und viele Heiden zurechtweisen in fernen Ländern. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Kein Volk wird gegen das andere das Schwert erheben, und sie werden fortan nicht mehr lernen, Krieg zu führen. Ein jeder wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen, und niemand wird sie schrecken.

Heute vor einem Jahr hat Russland einen Krieg gegen die Ukraine begonnen.

Aus der russisch besetzten Stadt Berdjansk weiß Pastor Gross zu berichten:

Die Menschen haben große Angst, dass die Russen sie zum Kriegsdienst einziehen und sie dann gegen ihre eigenen ukrainischen Soldaten kämpfen müssen … Es gibt eine russische Militärpolizei, die mit den Einwohnern macht, was sie will. Immer wieder werden Menschen gefangen genommen und verschwinden dann spurlos … Manche werden einfach erschossen, andere lebendig begraben. Die Situation ist schrecklich, denn es gibt keine Regeln … Hier macht keiner mehr Pläne für die Zukunft. Die meisten denken nur ans Überleben.

Beim Propheten Micha lesen wir (Micha 4, 1- 4 i.A.): Gott wird unter großen Völkern richten und viele Heiden zurechtweisen in fernen Ländern. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Kein Volk wird gegen das andere das Schwert erheben, und sie werden fortan nicht mehr lernen, Krieg zu führen. Ein jeder wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen, und niemand wird sie schrecken.

Heute vor einem Jahr hat Russland einen Krieg gegen die Ukraine begonnen.

Der 93jährige Philosoph Jürgen Habermas warnt (M.Hesse, Schlafwandeln am Rande des Abgrunds, in: Frankfurter Rundschau, 16.02.23, S.29), dass mit dem Ziel eines Sieges um jeden Preis die Steigerung unserer Waffenlieferung eine Eigendynamik entwickelt hat, die uns mehr oder weniger unbemerkt über die Schwelle zu einem dritten Weltkrieg hinaustreiben könnte ...

Soldaten, die sich an die Kehle gehen, Berge von Toten und Verwundeten, die Trümmer von Wohnhäusern, Kliniken und Schulen, also die Auslöschung eines zivilisierten Lebens – darin spiegelt sich der zerstörerische Kern des Krieges, der die Aussage … dass wir mit unseren Waffen Leben retten doch in ein anderes Licht rückt.

Auch die Unterscheidung, ob man nun von einem Sieg der Ukraine über Russland oder davon sprechen solle, dass die Ukraine den Krieg gegen den Angreifer Russland nicht verlieren dürfe, ist von Bedeutung.

So weit Jürgen Habermas.

Beim Propheten Micha lesen wir (Micha 4, 1- 4 i.A.): Gott wird unter großen Völkern richten und viele Heiden zurechtweisen in fernen Ländern. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Kein Volk wird gegen das andere das Schwert erheben, und sie werden fortan nicht mehr lernen, Krieg zu führen. Ein jeder wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen, und niemand wird sie schrecken.

Heute vor einem Jahr hat Russland einen Krieg gegen die Ukraine begonnen.

Wir wohnten im dritten Stock mitten in der Stadt und haben uns nie etwas zuschulden kommen lassen, auch mit Dörfelts von gegenüber verband uns eine jahrelange Freundschaft, bis die Frau sich kurz vor dem Fest unsre Bratpfanne auslieh und nicht zurückbrachte. Als meine Mutter dreimal vergeblich gemahnt hatte, riss ihr eines Tages die Geduld und sie sagte auf der Treppe zu Frau Muschg, …, Frau Dörfelt sei eine Schlampe.

So beginnt die Kurzgeschichte „Nicht alles gefallen lassen“ von Gerhard Zwerenz.

Irgendwer muß das den Dörfelts hinterbracht haben, denn am nächsten Tag überfielen Klaus und Achim unsern Jüngsten, den Hans, und prügelten ihn windelweich. Ich stand grad im Hausflur, als Hans ankam und heulte. In diesem Moment trat Frau Dörfelt drüben aus der Haustür, ich lief über die Straße, packte ihre Einkaufstasche und stülpte sie ihr über den Kopf. Sie schrie aufgeregt um Hilfe, als sei sonst was los, dabei drückten sie nur die Glasscherben etwas auf den Kopf, weil sie ein paar Milchflaschen in der Tasche gehabt hatte. Vielleicht wäre die Sache noch gut ausgegangen, aber es war just um die Mittagszeit, und da kam Herr Dörfelt mit dem Wagen angefahren. Ich zog mich sofort zurück, doch Elli, meine Schwester, die mittags zum Essen heimkommt, fiel Herrn Dörfelt in die Hände. Er schlug ihr ins Gesicht und zerriss dabei ihren Rock. Das Geschrei lockte unsere Mutter ans Fenster, und als sie sah, wie Herr Dörfelt mit Elli umging, warf unsre Mutter mit Blumentöpfen nach ihm. Von Stund an herrschte erbitterte Feindschaft zwischen den Familien.

Beide Familien installierten Fernrohre, um einander zu belauern.

… eines Tages schossen Dörfelts von drüben mit einem Luftgewehr herüber. Ich erledigte das feindliche Fernrohr dafür mit einer Kleinkaliberbüchse, an diesem Abend ging unser Volkswagen unten im Hof in die Luft.

Und der Konflikt eskaliert, d.h. er steigert sich in immer neue Heftigkeit.

… Wir beschlossen also, den Kampf aus eigener Kraft in aller Härte aufzunehmen, auch konnten wir nicht mehr zurück, verfolgte doch die ganze Nachbarschaft gebannt den Fortgang des Streites. Am nächsten Morgen schon wurde die Straße durch ein mörderisches Geschrei geweckt. Wir lachten uns halbtot, Herr Dörfelt, der früh als erster das Haus verließ, war in eine tiefe Grube gefallen, die sich vor der Haustüre erstreckte. Er zappelte ganz schön in dem Stacheldraht, den wir gezogen hatten, nur mit dem linken Bein zappelte er nicht, das hielt er fein still, das hatte er sich gebrochen.

 … Es ist bekannt, dass die Dörfelts leicht etwas übelnehmen. So gegen zehn Uhr begannen sie unsre Hausfront mit einem Flakgeschütz zu bestreichen. … Wir robbten sofort hinauf zum Dachboden und rissen die Tarnung von der Atomkanone. …

Als wir das Rohr genau auf Dörfelts Küche eingestellt hatten, sah ich drüben gegenüber im Bodenfenster ein gleiches Rohr blinzeln, das hatte freilich keine Chance mehr, Elli, unsre Schwester, die den Verlust ihres Rockes nicht verschmerzen konnte, hatte zornroten Gesichts das Kommando "Feuer!" erteilt. Mit einem unvergesslichen Fauchen verließ die Atomgranate das Rohr, zugleich fauchte es auch auf der Gegenseite. Die beiden Geschosse trafen sich genau in der Straßenmitte. Natürlich sind wir nun alle tot, die Straße ist hin und wo unsre Stadt früher stand, breitet sich jetzt ein graubrauner Fleck aus. Aber eins muss man sagen, wir haben das Unsre getan, schließlich kann man sich nicht alles gefallen lassen. Die Nachbarn tanzen einem sonst auf der Nase herum.

Gerhard Zwerenz veröffentlichte diese Kurzgeschichte 1962.

Beim Propheten Micha lesen wir (Micha 4, 1- 4 i.A.): Gott wird unter großen Völkern richten und viele Heiden zurechtweisen in fernen Ländern. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Kein Volk wird gegen das andere das Schwert erheben, und sie werden fortan nicht mehr lernen, Krieg zu führen. Ein jeder wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen, und niemand wird sie schrecken.

Heute vor einem Jahr hat Russland einen Krieg gegen die Ukraine begonnen.

Si vis pacem – para bellum, das sagt ein lateinisches Sprichwort. Wenn du Frieden willst, bereite Krieg vor. Dahinter steckt die Logik der Abschreckung. Aufrüsten, damit andere aus Angst vor dir keinen Krieg anfangen.

Aber was ist, wenn ein Angreifer sich von meiner Aufrüstung nicht abschrecken lässt?

Mir scheint, dass die Umkehrung des Satzes in unseren Zeiten viel zu kurz kommt: si vis pacem para pacem. Wenn du Frieden willst, bereite Frieden vor. 

Für die Kriegsführung wird aktuell sehr viel getan. Aber wer bereitet Frieden vor?

Gebet: Freunde, dass der Mandelzweig

  1. Freunde, dass der Mandelzweig
    wieder blüht und treibt,
    ist das nicht ein Fingerzeig,
    dass die Liebe bleibt?

    2. Dass das Leben nicht verging,
    soviel Blut auch schreit,
    achtet dieses nicht gering,
    in der trübsten Zeit.

    3. Tausende zerstampft der Krieg,
    eine Welt vergeht.
    Doch des Lebens Blütensieg
    leicht im Winde weht.

    4. Freunde, dass der Mandelzweig
    sich in Blüten wiegt,
    bleibe uns ein Fingerzeig,
    wie das Leben siegt.

„Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt“. Komponiert hat dieses Lied der Liedermacher Fritz Baltruweit. Der Text stammt von dem jüdischen Schriftsteller Schalom Ben-Chorin.   Geboren wurde Schalom Ben-Chorin 1913 in Deutschland. Er hieß damals Friedrich Rosenthal.  Er wurde von den Nazis mehrfach verhaftet und floh 1935 nach Israel. Dort nannte er sich Schalom Ben-Chorin, d.h. „Frieden, Sohn der Freiheit“.  Mitten im zweiten Weltkrieg dichtete er diese Zeilen. „Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt, ist das nicht ein Fingerzeig, dass die Liebe bleibt?“ Den Mandelbaum gab es wirklich: Er stand hinter dem Haus des Dichters. Er konnte ihn aus seinem Arbeitszimmer sehen. Es war Zweiter Weltkrieg. Es war eine furchtbare Zeit und Schalom Ben-Chorin sah nach draußen und sah, wie die Mandelblüten auf einmal aufgingen. Das erinnerte ihn daran, dass es auch in schrecklichen Zeiten Vorboten des Frühlings gibt. Sie sind ein Zeichen dafür, dass Hoffnung am Horizont ist, dass das Schlimme auch vorbeigeht und dass es besser wird.