Freitags 5nach6 - Konfirmation

05. Mai 2023

341 5nach6 05.05.23_Konfirmation                                   Ps 23

Zwei Pastoren unterhalten sich. Der eine klagt: „Ich habe so viele Fledermäuse in meiner Kirche und bekomme sie einfach nicht hinaus!“ „Ach“, sagt der andere, „das Problem hatte ich auch. Aber nun sind sie alle weg!“ „Wie hast du das gemacht?“, fragt der andere. „Ganz einfach: ich hab‘ sie konfirmiert und dann waren sie raus aus der Kirche.“

Die „grüne“ Konfirmation liegt gerade hinter uns. Das Blumengesteck auf dem Altar und die von den Konfirmierten ausgesuchte Osterkerze erinnern uns daran. Und im Juni stehen uns die Jubiläumskonfirmationen ins Haus! Grund genug, eine 5nach6-Andacht einmal dem Thema „Konfirmation“ zu widmen.

Ohne Martin Luther keine Konfirmation. Auf seinen Reisen durch „lutherische Lande“ musste er feststellen, dass die Gemeindeglieder im Glauben unterwiesen werden müssten“ (Ev. Erwachsenenkatechismus, S.582). So kam es 20 – 30 Jahre nach der Reformation zur Einführung der Konfirmation als Einführung in den Glauben und Vorbereitung auf die Teilnahme am Abendmahl.

Die Taufe ist das „zuvorkommende“ Segenszeichen Gottes: „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen. Wir gehören zusammen“ (Jes 43,1). Konfirmation – also so viel wie Bestätigung und Bekräftigung – soll den Jugendlichen die Möglichkeit geben auf die Segenszusage in der Taufe zu antworten.

Allerdings soll diese Antwort eine kundige und eine bewusste Antwort sein – vom gesegneten Täufling selbst. Diese direkte Beziehung des Glaubenden zu Gott war Luther wichtig. Nicht länger sollten Priester und Kirche zwischen Mensch und Gott stehen. Das schafft ungute Machtverhältnisse – wie man bis heute sieht.

Eine kundige und bewusste Antwort an Gott braucht einen „informierten“ Menschen, einen Menschen, der über sich, über Gott, Jesus Christus und den Heiligen Geist Bescheid weiß (so weit und so gut das möglich ist), einen Menschen, der in der Gemeinschaft der Gläubigen, also der Kirche, beheimatet ist und sich in ihr auskennt.

Es brauchte also Unterweisung, Unterricht – griech. „Katechese“. Und was für ein Glück! Die Erfindung des Buchdrucks ermöglichte es Luther, ein Religionsbuch, ein Glaubenslehrbuch zu verfassen und zu vervielfältigen. Die Pastoren unterrichteten nicht länger, was und wie sie wollten. Und weil „Katechese“ Unterricht heißt, nannte Luther 1529 sein Glaubenslehrbuch „Kleiner Katechismus“.

Unterweisung in Glaubensdingen für alle – gut und schön.

Erstes Problem: Die Bibel war in Latein geschrieben und somit nur für eine überwiegend kirchliche Elite verfügbar.

Zweites Problem: Die allermeisten Menschen konnten nicht lesen.

Problemlösung 1: Die Bibel musste in Deutsch verfügbar sein, und zwar in einem Deutsch, das die Menschen auch verstehen konnten. Also übersetzte Luther die Bibel ins Deutsche und achtete dabei auf eine volksnahe Sprache, die die Lebensverhältnisse der Menschen berücksichtigte. Er wollte dafür „dem Volk aufs Maul schauen“. Das bedachte er auch beim Katechismus.

Problemlösung 2: Die Menschen mussten die Bibel und den Katechismus lesen können. Also forderte Luther schon früh „Bildung für alle“. In öffentlichen Schulen (nicht kirchliche Schulen!) sollten alle – Jungen wie Mädchen (!) – Lesen, Schreiben und Rechnen lernen.

Problemlösung 3: Auswendiglernen sichert das Glaubenswissen, auch ohne Bibel und Katechismus zur Hand. Und Texte lassen sich leichter auswendig lernen, wenn sie sich reimen. Wenn man sie dann auch noch zu einer eingängigen Melodie singen kann, geht es noch leichter. Kein Wunder, das Luther das Kirchenlied hoch schätzte und selber zahlreiche Lieder verfasste.

Eine mündige, bewusste Antwort des gesegneten Täuflings an Gott erforderte nicht nur einen „informierten“ Menschen. Dieser Mensch musste auch über eine gewisse Reife verfügen. Deshalb lag des Konfirmationsalter früher bei 14 Jahren.

Der ursprüngliche Grund lag darin, dass die meisten Volksschüler mit der 8. Klasse an Ostern ihre Schulzeit beendeten und vielfach von zuhause weggingen und eine Lehre aufnahmen – normalerweise am 1. April. Auch nach der Verlängerung der Schulzeit und der Verlegung des Schuljahresendes auf den Sommer wurden sowohl das Konfirmationsalter als auch die Jahreszeit beibehalten. Das Alter wurde beibehalten, weil Jugendliche in Deutschland seit der Weimarer Republik mit Vollendung des 14. Lebensjahres religionsmündig sind (Wikipedia). Nach dem 14. Geburtstag kann man sich also ganz konkret vom Religionsunterricht abmelden oder sogar aus der Kirche austreten.

Heute sind unsere Konfirmanden/innen oft jünger – was ich nicht so gut finde.

Initialen sind die Anfangsbuchstaben. Initiation ist der Anfang von etwas Neuem, z.B. von einem neuen Lebensabschnitt. Sogenannte „Übergangs-Rituale“ von der Kindheit in die Jugend bzw. das junge Erwachsensein gab und gibt es zu allen Zeiten und in allen Kulturen. Es war klug von den Reformatoren, die Konfirmation damit zu verbinden.

Deshalb lassen sich auch Jugendliche aus kirchenfernen Elternhäusern konfirmieren. Auch wenn es ihnen u.U. nicht um eine bewusste Glaubensentscheidung geht, ist es ein Übergang in einen neuen Lebensabschnitt. In jedem Fall – Kirchlichkeit hin oder her – ist die Konfirmation ein Grund, die weitere Familie zu einem Fest einzuladen. Die Formen dieses Familienfestes sind so unterschiedlich wie die Lebensstile der Menschen.

Bereits mit der Taufe wird der Täufling Mitglied der christlichen Gemeinde – allerdings nicht mit vollen Rechten. Erst mit der Konfirmation gibt es die Zulassung zum Abendmahl. In begründeten Fällen kann davon abgewichen werden und können auch Jüngere daran teilnehmen. Pate oder Patin kann man auch erst werden, wenn man konfirmiert ist.

Konfirmierte haben das aktive Wahlrecht in der Kirche, können sich also an Kirchenwahlen beteiligen. Das passive Wahlrecht haben sie nun ab 16 Jahren, können also dann zu Kirchenvorsteher/innen gewählt werden.

Mit der Konfirmation sollen die Jugendlichen nicht einfach in die bestehende Gemeinde eingegliedert werden. Gemeinde muss offen sein, damit Jugendliche auch ihre Themen und Formen einbringen können. Genauso muss die Konfirmandenarbeit auch zur Gemeinde hinführen.

Die Wahrheit ist immer konkret.“ Was für Lenin galt – von ihm stammt das Zitat – gilt für die Nachfolge Christi genauso. Christlicher Glaube erweist sich nicht im schlichten „Wiederkauen“ auswendig gelernter Sätze. Er erweist sich in der konkreten Lebenspraxis. Was nicht heißt, dass auswendig gelernte Sätze – z.B. die 10 Gebote, Ps 23 - dabei nicht wichtige Orientierungshilfe geben könnten!

Deshalb schließt Konfirmandenarbeit heute nicht nur die Arbeit an grundlegenden Texten ein, es geht auch um ihre konkrete Bedeutung für die Gestaltung des eigenen Lebens und des Zusammenlebens mit anderen. Konfirmandenarbeit will helfen, sich ein Lebens-Navi verfügbar zu machen.

Und was wird nun mit unseren Konfirmierten und ihrem Glauben, was wird aus unseren Konfirmierten und ihrer Kirche? Haben wir sie aus der Kirche hinauskonfirmiert, wie es der Pastor mit den Fledermäusen gemacht hat? Wir wissen es nicht.

Fachleute sprechen heute vom Traditionsabbruch, d.h. Einstellungen und Verhaltensweisen, die sich über Generationen bewährt haben (oder auch nicht!), werden nicht weitergegeben bzw. nicht aufgenommen. Das betrifft eben auch die Religion, den persönlichen Glauben und das Verhältnis zur Kirche.

Wie erschütternd das sein kann, habe ich 1991 erlebt.

Wir waren bei unseren Nachbarn eingeladen. Ein Pflegekind hatte Konfirmation. Das Problem: Beide Eltern – links-grün – waren aus der (kath.) Kirche ausgetreten. Aber Michael, evangelisch, sollte natürlich seine gewünschte Konfirmationsfeier bekommen.

Es ist angereist die streng katholische Oma, die den Pflegeenkel liebt wie ihr leibliches Enkelkind. Voller Skepsis ist sie aus dem heimatlichen katholischen Münsterland gekommen: Hatte diese evangelische Veranstaltung überhaupt Bestand vor Gott?

Aus Zuneigung zu dem Konfirmanden und weil es eben auch ein Familienfest ist, überwindet sie sich und nimmt am Konfirmationsgottesdienst teil. Natürlich hat sie am Vorabend den kath. Gottesdienst im Nachbarort besucht, um der Sonntagspflicht zu genügen. Am Abendmahl teilzunehmen – was aus evangelischer Sicht möglich ist – kommt ihr natürlich gar nicht erst in den Sinn.

Mittagessen, allgemeine Unruhe. Die grünalternative Sensibilität der jungen Familie verwandelt sich in Unsicherheit gegenüber diesem christlichen Fest. Nichts läuft, kein Fest weit und breit.

Schließlich versucht die Großmutter wegen des christliches Anlasses und weil es für sie ohnehin selbstverständlich ist, ein Tischgebet an Frau und Mann zu bringen. Verzweifelt und laut klingt es, als sie in die plappernde, klappernde Festgemeinde hineintönt. Die anderen sind irritiert, nehmen es aber hin.

Zum Kaffeetrinken hat jede Familie ihre Spezialtorte mitgebracht, gigantisch! Auch Oma hat gebacken: Ihre rechteckige Creme-Marzipan-Torte ist durch Format und Verzierungen unschwer als überdimensionierte Bibel zu erkennen. Ein goldenes Sahnekreuz prangt in der Mitte. Oma hat ihre religiösen Empfindungen und Anliegen, die hier keinen anderen Raum finden können, bildhaft verdichtet und in die Torte hineingebacken.

Die Torte erregt Bewunderung. Der 4-jährige Enkel, der von der gerade eingeschulten Schwester schon einige Buchstaben gelernt hat, krabbelt auf den Schoß der Oma. Er erkennt etwas wieder und fragt die Oma: „Oma, warum ist da ein ‚t‘ auf der Torte?“

Die Oma muss mit den Tränen kämpfen. „Junge, das ist doch ein Kreuz! Da hat doch unser Heiland drangehangen!“ Dem Enkel steht das Unverständnis im Gesicht.

Was Traditionsabbruch ist? Das! 

Gebet (EG 361/1)

Befiehl du deine Wege
und was dein Herze kränkt
der allertreusten Pflege
des, der den Himmel lenkt.
Der Wolken, Luft und Winden
gibt Wege, Lauf und Bahn,
der wird auch Wege finden,
da dein Fuß gehen kann.