Freitags 5nach6 - 7 W ohne Panik 6

03. April 2025

423 5nach6_04.04.25_7 W ohne Panik 6                      Ps 104

Luft holen – 7 Wochen ohne Panik. Das ist der Titel des diesjährigen Fastenkalenders. Er begleitet mich und uns durch diese Fastenzeit. Jede Woche hat ihren Bibeltext, der zu dieser Überschrift passen soll. Der heutige Bibeltext hat mich ziemlich überrascht. Aber das geschieht ja häufig bei Bibeltexten – und das ist auch gut so.

Also erst einmal der Bibeltext (Mk 14, 3-5):

3 Und als er in Betanien war im Hause Simons des Aussätzigen und saß zu Tisch, da kam eine Frau, die hatte ein Alabastergefäß mit unverfälschtem, kostbarem Nardenöl, und sie zerbrach das Gefäß und goss das Öl auf sein Haupt. 4 Da wurden einige unwillig und sprachen untereinander: Was soll diese Vergeudung des Salböls? 5 Man hätte dieses Öl für mehr als dreihundert Silbergroschen verkaufen können und das Geld den Armen geben. Und sie fuhren sie an.

„Fuhren sie an“ steht in der Lutherbibel. Was bedeutet diese vergleichsweise nichtssagende Formulierung genau? Andere Bibelübersetzungen drücken das so aus: Sie überschütteten die Frau mit Vorwürfen (Basisbibel), sie machten der Frau heftige Vorwürfe (Gute Nachricht). Die etwas eigenwillige Volxbibel beschreibt die Szene so:

Ein paar von den Leuten, die mit am Tisch saßen, rasteten voll aus: „Warum wird dieses teure Zeugs einfach so verdaddelt?!“

Jetzt können wir uns die Situation ein wenig besser vorstellen, denke ich.

Sie fragen sich, was diese Bibelstelle mit dem Kalender-Motto „Luft holen. 7 Wochen ohne Panik!“ zu tun hat? Gut. Das habe ich mich nämlich auch gefragt.

Eine Antwort habe ich auf der nächsten Kalenderseite bekommen. Sie trägt die Überschrift „Dicke Luft“.

... Schon zu Jesu Zeiten werden Meinungsverschiedenheiten nicht immer vernünftig ausdiskutiert. Das zeigt unsere Bibelstelle. Auch damals poltern Menschen los, weil sie nur ihre eigenen Ansichten für richtig halten. Oder wohlwollender formuliert: weil ihnen etwas sehr wichtig ist. Die Jünger finden es empörend, dass Geld verschwendet wird. Nachvollziehbar, aber müssen sie die Frau mit dem Öl gleich anfahren. Wir müssen zu einer schwierigen, aber wichtigen Unterscheidung kommen: Wann müssen wir sofort laut widersprechen? Und wann sollten wir erst mal tief durchatmen und abwarten? Zuhören, was die andere Seite zu sagen hat, nachfragen? Keine Angst vor dicker Luft, die entsteht, wenn verschiedene Meinungen aufeinanderprallen! Nur dran denken: Sie vernebelt schnell die Sicht auf das Gegenüber. Man sieht dann nicht mehr ganz klar. (S.Schardien, in: Ev. Verlagsanstalt -Hg.- Fastenkalender Luft holen! Sieben Wochen ohne Panik, Leipzig, 2024, Tag 3. April)

Oder anders gesagt: Habe ich Schaum vor dem Mund, können andere mich nur schlecht verstehen.

Texte, die in einem Kalender stehen, werden oft etwas abwertend „Kalendersprüche“ genannt; Lebensweisheiten, die vielleicht ganz nett klingen, aber für das wirkliche Leben keine Rolle spielen.

Unser Fastenkalender hält einige bereit. Ich möchte sie Ihnen nicht vorenthalten. Entscheiden Sie selbst, wie wichtig sie für Ihren Alltag werden sollen – und können! Zum „Können“ komme ich nachher noch einmal …

Mein Großvater war ein kluger Mann. Einmal, als meine Oma sauer auf ihn war, sprach sie nicht mehr mit ihm, zur Strafe. Mein Opa kramte in allen Schubladen und suchte etwas. Genervt davon fragte meine Oma: „Was suchst du denn da?!“ Opa antwortete: „Na, Gott sei Dank, ich hab‘ sie gefunden!“ „Was denn?“, fragte Oma unwirsch nach. Er sagte: „DEINE STIMME.“ (J.Müller, in: Ev. Verlagsanstalt -Hg.- Fastenkalender Luft holen! Sieben Wochen ohne Panik, Leipzig, 2024, Tag 4. April).

Schweigen ist nach dem Sprichwort bisweilen vielleicht Gold, aber in Konflikten ist das silbrige Reden meist die bessere Lösung.

Noch eine Kalenderweisheit:

Der Ärger ist als Gewitter, nicht als Dauerregen gedacht. Er soll die Luft reinigen, aber nicht die Ernte verderben. E.R.Hauschka, in: Ev. Verlagsanstalt -Hg.- Fastenkalender Luft holen! Sieben Wochen ohne Panik, Leipzig, 2024, Tag 5. April).

Aha. Auseinandersetzung als Klärung für ein besseres Auskommen.

Und noch eine Kalenderweisheit:

Jedes Ding hat drei Seiten. Eine, die DU siehst, eine die ICH sehe, und eine, die WIR BEIDE nicht sehen. in: Ev. Verlagsanstalt -Hg.- Fastenkalender Luft holen! Sieben Wochen ohne Panik, Leipzig, 2024, Tag 7. April).

Auch wichtig für eine Auseinandersetzung. Meine Meinung ist wichtig, aber sie muss nicht die einzige sein. Und vor allem muss sie nicht die einzig richtige sein.

Und wie verhält sich Jesus in der Erzählung? Er nimmt Dampf aus dem Kessel und öffnet den Blick für eine andere Sicht auf das Verhalten der Frau, die ihn salbt:

6 Jesus aber sprach: Lasst sie! Was bekümmert ihr sie? Sie hat ein gutes Werk an mir getan. 7 Denn ihr habt allezeit Arme bei euch, und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun; mich aber habt ihr nicht allezeit.  8 Sie hat getan, was sie konnte; sie hat meinen Leib im Voraus gesalbt zu meinem Begräbnis.

Zur Verdeutlichung noch einmal die Volxbibel: 6 Jesus war aber anderer Meinung: „Lasst sie in Ruhe! Was eskaliert ihr überhaupt so? Sie hat das genau richtig gemacht! 7 Die armen Schlucker wird es immer geben, kümmert euch um sie, wenn ich nicht mehr da bin, okay? Ich werde aber nicht mehr lange bei euch sein. 8 Sie hat mich dadurch schon im Voraus auf mein Begräbnis vorbereitet, wie man das sonst eigentlich nur mit Leichen macht.

Jesus nun wieder. Einfach vorbildlich. Er beruhigt die Situation. Er übt sanfte Kritik an den Poltergeistern. Er nimmt eine andere Perspektive ein und erklärt einleuchtend das Verhalten der Frau. Er zeigt den Kritikern einen Weg, wie sie selbst immer wieder das Verhalten, das sie einfordern, selbst an den Tag legen können.

Jesus nun wieder. Das leuchtende Vorbild. Oft kopiert, aber nie erreicht.

Nein, so einfach ist es nicht. Jesus kann auch anders. Markus erzählt (Mk 2,23-28 i.A.):

23An einem Sabbat ging Jesus durch die Felder. Unterwegs rissen seine Jünger  Ähren von den Halmen. 24Da sagten die Pharisäer zu ihm: »Sieh doch, was deine Jünger tun! Das ist am Sabbat verboten.« 25Er antwortete: »Habt ihr denn nicht gelesen, was David getan hat? Er und seine Männer waren in einer Notlage und hatten Hunger. …

Da ging David in das Haus Gottes und aß die Schaubrote, obwohl es verboten war.

Nur die Priester durften davon essen. Aber er gab sogar seinen Männern von den Broten.« 27Jesus sagte zu den Pharisäern: »Gott hat den Sabbat für den Menschen gemacht, nicht den Menschen für den Sabbat.

Wir können uns das nicht vorstellen. Aber für fromme Juden – und das waren die Pharisäer unbedingt – war das Verhalten ein unfassbarer Regelbruch, eine unglaubliche Provokation. Jesus rechtfertigt dieses konfliktträchtige Verhalten, indem er dem menschlichen Leben einen Vorrang vor der Regel einräumt. Der kalkulierte Regelbruch als lehrreiche Methode im Konflikt. Vorbildlich?

 

Eine andere Erzählung beleuchtet noch eine eher unbekannte Seite Jesu (Joh 2,13-16):

13Das Passafest der Juden stand kurz bevor. Da ging Jesus nach Jerusalem. 14Im Tempel traf er auf Händler, die Rinder, Schafe und Tauben verkauften. Die Tiere wurde auch für Tieropfer im Tempel gebraucht. Heute zünden wir Kerzen in der Kirche an oder legen Geld in den Opferstock. Auch Geldwechsler saßen dort.

15Da machte Jesus sich aus Stricken eine Peitsche und jagte sie alle aus dem Tempel hinaus – samt ihren Schafen und Rindern. Die Münzen der Geldwechsler schleuderte er auf den Boden und stieß ihre Tische um. 16Zu den Taubenhändlern sagte er: »Schafft das weg von hier! Macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle!«

 

Ein ungewöhnlicher Gewaltausbruch, der in einem gewissen Rahmen bleibt und nachträglich einleuchtend erklärt wird.

 

Was hatte ich vorhin gesagt?

Jesus nun wieder. Einfach vorbildlich. Er beruhigt die Situation. Er übt sanfte Kritik an den Poltergeistern. Er nimmt eine andere Perspektive ein und erklärt einleuchtend das Verhalten der Frau. Er zeigt den Kritikern einen Weg, wie sie selbst immer wieder das Verhalten, das sie einfordern, selbst an den Tag legen können.

Ganz so einfach ist es selbst für Jesus nicht.

Erinnern Sie sich noch?

„Wir sind hier! Wir sind laut! / Weil ihr uns die Zukunft klaut!“

Mit diesen Parolen klebten sich Aktivisten/innen der sog. „Letzten Generation“ vor einigen Jahren auf Straßen und Flugplätzen fest. Kalkulierter Regelbruch, Gewalt in einem bestimmten Rahmen. Aktuell stehen einige von ihnen in München vor Gericht und sind angeklagt, eine kriminelle Vereinigung gegründet zu haben.

Es ist nicht einfach. Für uns nicht und auch für Jesus nicht.

Ich persönlich finde die Kleberei verständlich, aber als Methode falsch. Warum?

Schüler meiner Klasse hatten – aus guten Gründen - Schwierigkeiten mit ihrem Physiklehrer. Sie machten ihren Protest durch undiszipliniertes Verhalten deutlich. Der vorhersehbare Ärger trat natürlich prompt ein. Einziges Thema war das undisziplinierte Verhalten der Schüler. Das durchaus kritikwürdige Verhalten des Kollegen spielte keine Rolle.

Ja, es ist nicht leicht. Deshalb wiederhole ich einfach noch einmal eine Passage vom Anfang:

Wir müssen zu einer schwierigen, aber wichtigen Unterscheidung kommen: Wann müssen wir sofort laut widersprechen? Und wann sollten wir erst mal tief durchatmen und abwarten? Zuhören, was die andere Seite zu sagen hat, nachfragen? Keine Angst vor dicker Luft, die entsteht, wenn verschiedene Meinungen aufeinanderprallen! Nur dran denken: Sie vernebelt schnell die Sicht auf das Gegenüber. Man sieht dann nicht mehr ganz klar. (S.Schardien, in: Ev. Verlagsanstalt -Hg.- Fastenkalender Luft holen! Sieben Wochen ohne Panik, Leipzig, 2024, Tag 3. April)

Oder anders gesagt: Habe ich Schaum vor dem Mund, können andere mich nur schlecht verstehen.    

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St. Johannis Königsdahlum