Freitags 5nach6 - Was ist 5nach6? - Allgemeines Priestertum -

27. Oktober 2023

361.1 5nach6 27.10.2023 Was ist 5nach6_allgemeines Priestertum                 Ps 46
Was ist 5nach6? Das haben wir uns in der letzten Woche gefragt. Und das ist auch die Frage für heute.
Am 31.10., also am Dienstag nächster Woche, ist … Halloween? Ja, das auch. Vor rund 30 Jahren ist dieser alte Brauch aus Amerika auch nach Deutschland geschwappt – nicht zuletzt gefördert durch die Spielwaren-Industrie, die hier eine neue Absatzmöglichkeit witterte. Zu Recht, wie sich bis heute immer wieder zeigt.

Viel älter – nämlich mehr als 500 Jahre – ist ein anderer Feiertag, der auf den 31.10. fällt: der Reformationstag! Angesichts einiger übler Zustände in der kath. Kirche des 16. Jhdts. wollte der kath. Mönch Martin Luther in seiner Kirche einiges verändern, verbessern – eben reformieren.

Weil die Machthaber in der kath. Kirche – an ihrer Spitze der Papst – das nun aber nicht wollten, wurde Martin Luther (und mit ihm alle seine Anhänger) exkommuniziert. Wenn man dieses lateinische Wort wörtlich übersetzt heißt es: aus der Gemeinschaft, in diesem Fall der kath. Kirche, ausgeschlossen.

So kam es, dass aus den Ausgeschlossenen um Martin Luther eine neue Kirche wurde, die evangelisch-lutherische Kirche.

Ohne Martin Luther und die von ihm geprägte Veränderung (lat. Reformation) würde 5nach6 heute nicht in dieser Form stattfinden!

Am Ende würde wohl nur einer (oder wenige) das Gebet sprechen, und zwar so:

Pater Noster, qui es in caelis,
sanctificetur nomen tuum.
Adveniat regnum tuum.
Fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
Panem nostrum quotidianum da nobis hodie.
Et dimitte nobis debita nostra,
sicut et nos dimittimus debitoribus nostris.
Et ne nos inducas in tentationem: sed libera nos a malo.
Quia tuum est regnum et potestas et Gloria in saecula. Amen.

Bibeltexte, die meisten Gebete und Gesänge waren in lateinischer Sprache geschrieben. Erst mit Martin Luther wurde Deutsch die Gottesdienstsprache, er übersetzte auch die Bibel ins Deutsche. Nur einige hebräische, griechische und lateinische Formeln wurden beibehalten: Halleluja (Lobt Gott), Kyrie eleison (Herr, erbarme dich), Epistel (Brief).

Mit der Reformation war also Schluss mit Latein als Kirchensprache. Und zusätzlich forderte Luther, dass alle Mädchen und Jungen in einer öffentlichen Schule Lesen und Schreiben lernten. Das war ja eine notwendige Voraussetzung dafür, dass sie die Bibel lesen und  ihren Glauben bewusst leben konnten.

Ohne die Reformation verliefe 5nach6 auch nicht in so freier Form, wie es seit 2009 geschieht, sondern es gäbe einen klar geregelten Ablauf, den nicht wir bestimmen könnten.

Und nicht ich würde hier stehen, sondern ein geweihter kath. Priester.

Was ist der Unterschied zwischen einem kath. Priester und einem ev. Pastor?

Durch die katholische Priesterweihe wird ein Pfarrer in den sog. ­Klerikerstand erhoben und damit Teil der Hierarchie, einer Rangfolge, wörtlich Teil der „heiligen Herrschaft“.
Bei der evangelischen Ordination (Beauftragung mit einer besonderen Aufgabe) wird Pastoren/innen eine Auf­gabe übertragen, meist die Leitung einer Gemeinde. (Religion für Einsteiger: Sind Pfarrer und Bischöfe etwas Besonderes? (evangelisch.de)

Und dann kommt einer dieser kraftvollen programmatischen Sätze Martin Luthers zum Tragen: »Denn was aus der Taufe gekrochen ist, das kann sich rühmen, dass es schon zum Priester, Bischof und Papst geweiht sei, obwohl es nicht einem jeglichen ziemt, solch Amt auszuüben.“ So schreibt der Reformator 1520 in seiner Schrift „An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung“. Und er erklärt kurz und bündig, dass „wir alle gleich Priester sind“. Unabhängig vom Rang in der kirchlichen Hierarchie, …, kommt allen Getauften eine Mitverantwortung für die Sache Jesu zu. (Priestertum aller Gläubigen – EKD – vgl. auch 1Petr 2)

Die Reformation trägt damit der biblischen Einsicht Rechnung, dass „in Christus“ alle Menschen gleich sind. Wenn es einen geistlichen Stand oder Rang gibt, dann nur einen einzigen, … dem alle Christen und Christinnen angehören. Es gibt aber keine geistliche Hierarchie, also Rangfolge mit unterschiedlicher Machtverteilung in der Kirche (so heißt es auch in den „Leitlinien kirchlichen Lebens“ der lutherischen ­Kirchen, 2003). Nur aus praktischen Erwägungen entwickelten sich verschiedene Ämter und Berufe, oder wie die lutherischen Leitlinien sagen, „ein gewisses Maß an gestufter Verantwortung“.

Das Besondere der evangelischen Pfarrer und Bischöfe: Sie führen die Aufsicht da­rüber, dass alles in der Gemeinde gemäß den Bekenntnisschriften abläuft. Dazu ­haben sie stu-diert, deshalb sind sie bei ­ihrer Ordination auf das gemeinsame Bekenntnis verpflichtet worden. Predigen … dürfen auch andere. ("Alle, die aus der Taufe gekrochen" (evangelisch.de))

Zumindest zu Zeiten Luthers standen im Verständnis der kath. Kirche kath. Priester – Priesterinnen gibt es bis heute nicht - in besonderer Weise Gott nahe, in jedem Fall standen sie Gott näher als „normale“ Christ/innen.

Es hat einen guten Grund, dass die Reformatoren die Mitwirkung aller Getauften betonten: In der spätmittelalterlichen Kirche schien der Dienst der Kleriker zu einer „Herrschaft über die Seelen geworden zu sein“, (so der Evangelische Erwachsenen-Katechismus). Die Reformation versuchte, die „einfachen Gläubigen“ aus der Rolle der Betreuten und Beherrschten zu befreien und sie als aktiv Mitwirkende in die Verantwortung und Mitwirkung zu rufen. Nicht nur ein bestimmter Stand, der der Kleriker, sondern das ganze Volk sollte priesterlich tätig werden. ("Alle, die aus der Taufe gekrochen" (evangelisch.de))

Dass kath. Priester aus ihrer besonderen Stellung, ihrer besonderen Nähe zu Gott heraus auch Macht über die Gläubigen ableiteten, kann man bis heute sehen. Die zahllosen Missbrauchsfälle und ihr bisheriges Verschweigen sind Ausdruck genau dieser Herrschaft der Priester über die ihnen anvertrauten Menschen.

Die Aufwertung der Gemeindeglieder ist keine Erfindung Martin Luthers, sondern ergibt sich zum Beispiel auch aus dem 1. Petrusbrief. Dort steht: „Ihr als lebendige Steine erbaut euch zum geistlichen Hause und zur heiligen Priesterschaft... Ihr aber seid … das heilige Volk, …, dass ihr verkündigen sollt die Wohltaten …(1 Petrus 2,5.9) Jesu Christi.

Hinter diesen Worten, die an neugetaufte Christen gerichtet wurden, stehen zentrale theologische Aussagen: „Die Getauften sind Glieder des Volkes Gottes und haben als Priester in Glauben und Gebet unmittelbar Zugang zu Gott. Das galt bis dahin nur für kath. Priester! Sie sollen sich als lebendige Steine in das geistliche Haus Gottes, in die Kirche, einfügen. Sie sollen sich Gott mit ihrem ganzen Leben zur Verfügung stellen: im Dienst an anderen Menschen, in der Hilfe für die Armen, in der tätigen Liebe . . . Und sie sollen die Wohltaten Gottes verkündigen, also das Evangelium weitergeben. Hingabe an Gott und den Nächsten – das ist der Dienst des Priestertums aller Gläubigen.“ (EEK) ("Alle, die aus der Taufe gekrochen" (evangelisch.de))

Auch wenn hauptsächlich Pastoren/innen die Verkündigung übernehmen, ist jeder Christ und jede Christin frei, sich sein eigenes Urteil über die Lehre der Kirche zu bilden. Ausdruck des Priestertums aller Gläubigen in der Evangelischen Kirche in Deutschland ist heute der demokratische Aufbau der ev. Kirchen mit ihren Kirchenvorständen und Synoden. Die Leitung der Gemeinden und der Gesamtkirche haben zum Beispiel nicht die Pfarrerinnen und Pfarrer allein, sondern die Synoden und die Kirchenvorstände (Presbyter). Es gibt Synoden in den Landeskirchen und eine Synode der EKD. Diese Gremien bestehen sowohl aus ordinierten Pastoren/innen als auch aus nichtordinierten ehrenamtlichen Christen/innen. Die ev. Kirche kennt auch keinen Papst, der in theologischen Fragen allein entscheidet, was christlich und damit richtig ist.

Eine Folge dieses Verständnisses von Kirche ist auch, dass heute die Gemeindeglieder Kirchenvorstände und Synoden wählen und dort gleichberechtigt mitentscheiden!

Und damit kommen natürlich auch die Frauen ins Spiel! Brunhilde Bertram war viele Jahre Vorsitzende unseres Kirchenvorstandes, Sabine Fischer ist heute stellvertretende Vorsitzende. Einige Jahre war Christa Hafermann unsere Pastorin!

Die Entdeckung des Priestertums aller Gläubigen zeigte sich ebenso deutlich an der wachsenden Beteiligung von „Laien“ in den Gemeinden. Und damit sind wir bei 5nach6 und bei mir: Ich darf deshalb diese Andachten gestalten.

Für den Reformator Martin Luther war klar: Niemand ist unter Christinnen und Christen besser oder schlechter oder heiliger als der andere. Luther war der Meinung: Jeder Christ soll die Bibel selbst lesen und verstehen, und jeder ist in dem, wie er glaubt, nur Gott gegenüber verpflichtet, aber keinem Menschen.

Martin Luther hat es in besonderer Weise verstanden, seine Theologie in griffige Worte und Verse, speziell Liedverse zu fassen. In Strophe 10 des bekannten „Nun freut euch liebe Christen gemein“ (EG 341) heißt es:

10. Was ich (= Jesus) getan hab und gelehrt,
das sollst du (jede/r einzelne!) tun und lehren,
damit das Reich Gotts werd gemehrt
zu Lob und seinen Ehren;
und hüt dich vor der Menschen Satz (kath. Kirchenordnung),
davon verdirbt der edle Schatz:
das lass ich dir zur Letze.“

Gebet:

Gott, wir bitten dich für unsere Gemeinde,

für unsere Kirche und die ganze Christenheit.

Sei du mitten unter uns,

dass wir den Menschen deine Liebe

mit Worten und Taten vorleben.

Wir bitten für alle,

die in der Welt verantwortlich sind

für Recht und Frieden,

dass sie sich an dein Wort halten

und ihre Pläne und Entscheidungen

von deinen Geboten leiten lassen. Amen.