Freitags 5nach6 - Komm rüber _ Keine Alleingänge Judas

20. März 2024

375 5nach6 22.03.2024 Komm rüber_Keine Alleingänge_Judas                         Ps 22

Schauen wir auf die letzten 5nach6-Andachten unter dem Fastenmotto „Komm rüber – 7 Wochen ohne Alleingänge“: Jesus und Zachäus, Jesus und die Jünger, die sich bei Emmaus treffen, Mose, der überraschend Gott trifft, Rut und Noomi ... Gelungene Begegnungen. Aber – es kann auch schiefgehen.

Irgendwann hat Jesus einem gewissen Judas Iskariot „Komm rüber“ gesagt und ihn  in seinen Jüngerkreis aufgenommen. Wir wissen wenig über ihn. Und was wir in den Evangelien über ihn lesen, ist von den theologischen Absichten der Evangelisten geprägt.

Wer ist also dieser Judas Iskariot für mich?

Gelegentlich wird der Name auf die sog. Sikarier bezogen. Das war eine Gruppe von antirömischen Widerstandskämpfern, die auch vor Mordtaten nicht zurückschreckten.

Im Markus-Evangelium (Kap. 14) wird der Judas beschrieben, der uns vertraut ist.

10Judas Iskariot, einer der Zwölf, ging zu den führenden Priestern. Er wollte ihnen Jesus ausliefern.11Als sie das hörten, waren sie hoch erfreut und versprachen, ihm Geld dafür zu geben. Von da an suchte Judas nach einer günstigen Gelegenheit, um ihnen Jesus in die Hände zu liefern.

Die Gelegenheit zur Auslieferung Jesu war da, als dieser spätabends mit seinen Jüngern aus dem Garten Gethsemane kam. Weit und breit keine Öffentlichkeit, die sich schützend hätte vor ihn stellen können.

43 … Da näherte sich Judas, … Mit ihm kam eine Truppe, die mit Schwertern und Knüppeln bewaffnet war. Die führenden Priester, Schriftgelehrten und Ratsältesten hatten sie geschickt.44Der Verräter hatte mit den Männern ein Erkennungszeichen ausgemacht: »Wem ich einen Kuss gebe, der ist es. Nehmt ihn fest und führt ihn gut bewacht ab!« 45Judas ging sofort auf Jesus zu, sagte »Rabbi!« und küsste ihn.

Was hat das mit dem Motto unserer Fastenaktion zu tun „Komm rüber – 7 Wochen ohne Alleingänge“?

Es begann als Alleingang. Judas hatte den einsamen Entschluss gefasst, Jesus an seine theologischen und politischen Gegner auszuliefern. „Komm rüber“ war die Aufforderung an Jesu Gegner, ihm – Judas – zu folgen und Jesus festzunehmen.

Über das Lebensende des Judas lassen sich keine gesicherten Aussagen machen. Mt 27 berichtet von seinem Selbstmord noch in der Nacht vor Jesu Tod – wieder ein Alleingang, ein schrecklicher.

Was steckt hinter dem Alleingang des Judas?

War Judas menschlich enttäuscht? Hatte er nicht auch viel aufgegeben – Familie, Heimat, Freunde, Beruf – um Jesus nachzufolgen? Und was musste er erleben? Andere Jünger wurden ihm vorgezogen, Petrus war in aller Munde, Johannes und Jakobus drängten sich vor.

War Judas politisch enttäuscht? Hatte er erwartet, dass Jesus die Römer vertreiben und hier – im Jahr 30 in Jerusalem - endlich das Reich Gottes ausrufen würde, in dem alles nach Gottes Gebot laufen würde? Und dann sagt dieser Jesus: Mein Reich ist nicht von dieser Welt? (Joh 18,36)

War Judas auf Krawall aus? Wollte er provozieren? Die Hohenpriester und die Römer würden alles versuchen, den Volksliebling Jesus, der mit Hosianna-Rufen empfangen worden war, aus dem Weg zu räumen. Denn die Botschaft Jesu war eine Gefahr für die Herrschenden. Und wenn sie Jesus umbrächten, dann würde gewiss der Volkszorn losbrechen. Das konnte ihm, dem Widerstandskämpfer gegen die Römer nur recht sein.

Oder wollte er einfach nur mit einem Tipp an die Obrigkeit schnelles Geld verdienen?

Ich weiß es nicht. Ich weiß nur: Judas hat Jesus im Alleingang verraten.

Und er ist in Erinnerung geblieben. Wir können ihn verteufeln, zum Inbegriff des Schlechten und Bösen machen. Er, Judas, ist der Verräter.

Als ob der Verrat des Judas an Jesus mit der Verhaftung Jesu ein Ende gehabt hätte.

Jesus wird alle Tage neu verraten. Beispiele aus der Zeitung gibt es täglich.

„Verraten“ hatte früher die Bedeutung „auf jemandes Verderben sinnen“, etwas Schlimmes gegen jemanden im Schilde führen.

Es hatte aber auch die Bedeutung von „etwas erkennen lassen“.

Die dem Verrat des Judas und der Verhaftung Jesu folgende Kreuzigung hat etwas erkennen lassen. Sie hat erkennen lassen, dass Auferstehung möglich ist, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, dass die Sache Jesu weitergeht - um Gottes willen.

Vielleicht hat der Pastor und Widerstandskämpfer gegen die Nazis, Dietrich Bonhoeffer, der von ihnen umgebracht worden ist, vielleicht der ja Recht:

Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten (auch aus dem Verrat des Judas, U.G.), Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen. … In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.
Ich glaube, dass auch unsere Fehler (wie der Verrat des Judas, U.G.) und Irrtümer nicht vergeblich sind, und dass es Gott nicht schwerer ist, mit ihnen fertig zu werden, als mit unseren vermeintlichen guten Taten.

Ein anderer Verräter in der Passion Jesu ist Petrus gewesen. Nach der Verurteilung Jesu durch den Hohen Rat der Priester hielt er sich im Palast auf. Der Evangelist Markus erzählt (Mk 14):

Da kam ein Dienstmädchen des Hohepriesters dazu.67Sie sah Petrus, der sich am Feuer wärmte, und betrachtete ihn genauer. Dann sagte sie: »Du warst doch auch mit diesem Jesus aus Nazareth zusammen!«68Petrus stritt das ab und sagte: »Ich habe keine Ahnung, wovon du da sprichst.« Und er ging hinaus in den Vorhof des Palastes. In dem Moment krähte der Hahn.

69Als ihn das Dienstmädchen dort wieder sah, fing sie noch einmal damit an. Sie sagte zu denen, die dabeistanden: »Der gehört auch zu denen.«70Aber Petrus stritt es wieder ab. Kurz darauf sagten dann auch die anderen, die dabei waren, zu Petrus: »Natürlich gehörst du zu denen! Du bist doch auch aus Galiläa.«71Da fing Petrus an zu fluchen und schwor: »Gott soll mich strafen, wenn ich lüge! Ich kenne diesen Menschen nicht, von dem ihr redet.« 72Im selben Moment krähte der Hahn zum zweiten Mal. Da erinnerte sich Petrus an das, was Jesus zu ihm gesagt hatte: »Noch bevor der Hahn zweimal kräht, wirst du dreimal abstreiten, mich zu kennen.« Und er fing an zu weinen.

Jesus wird alle Tage aufs Neue verraten, verleugnet. Das habe ich vorhin gesagt.

Vielleicht, ja, vielleicht können wir uns ja auf ganz andere Weise, ja, auf österliche Weise verräterisch zeigen. Man kann sich ja auch im positiven Sinne verraten … Der Schriftsteller Lothar Zenetti hat da einen Vorschlag:

„Was dich verrät“
Du bist doch auch einer von denen
Die zu Jesus gehören
Deine Sprache
verrät dich
Dein Lächeln
Die Leichtigkeit,‘
mit der du
Undenkbares denkst,
Unsagbares sagst und
Ungewöhnliches tust.
  Aber auch die
seltsame Manie,
dich einzusetzen,
andern zu helfen.
Deine Wahrheitsliebe
Deine spürbare Unruhe
Wenn einer in Not ist
Dein Hunger und Durst
Nach Gerechtigkeit.
Dieses unerklärliche Vertrauen
Das dich trägt,
der Friede
Der von dir ausgeht
Wie,
wenn du etwas siehst,
was wir gewöhnlichen Sterblichen
nicht sehen,
ach, nicht einmal ahnen.
 

Wegen der Verleugnung Jesu durch Petrus „bevor der Hahn zweimal kräht“ haben wir auf unseren Kirchen oft einen Hahn. Er mahnt uns täglich, nicht zu Verrätern an Jesus und seiner Botschaft zu werden.

Der Hahn kann uns aber auch mahnen, verräterisch zu sein im Sinne von „sich zu erkennen geben“. Wie? Indem wir uns ganz im Sinne der Zeilen von Lothar Zenetti als Nachfolger Jesu, als Kirche Jesu Christi zu erkennen geben.  

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St. Johannis Königsdahlum