Freitags 5nach6 - Engel

05. Januar 2024

366 5nach6 05.01.2024 Engel

Damit Vieles schnell und gut klappt in unserer Gemeinde haben meine Kirchenvorstandskollegin Sabine, unsere Küsterin Ellen und ich eine gemeinsame WhatsApp-Gruppe. Die hat inzwischen nicht nur eine organisatorische Funktion, sondern auch eine ganz eigene inhaltliche Qualität.

Am 21. Dezember wurde der Weihnachtsbaum aufgestellt – und erstmals waren weder Sabine noch ich dabei. Ellen hielt uns per WhatsApp auf dem Laufenden. Ich zitiere:

Ellen: Ihr beiden seid immer dabei, dieses Jahr halt nur virtuell …

Sabine: Danke dir, dass du uns teilhaben lässt.

Ich: Besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen – und du, Ellen, machst das möglich!

Ellen: Das sind Aufgaben, die mich beflügeln …

Ich: Beflügelt – damit hast du den Engel-Status anerkannt, den du für mich und unsere Gemeinde hast.

Ellen: Och nee, das ist zu viel für Menschen …

Ich: Ich mache mal ein 5nach6 über Engel, dann wirst du sehen: Passt schon.

Heute ist es soweit! Ich leihe mir dafür u.a. Worte des Mönchs Anselm Grün aus einem Interview, das er der Ev. Zeitung gegeben hat
(A.Grün: Menschen suchen in Engeln das Göttliche, in: Evang. Zeitung (evangelische-zeitung.de) 10.12.23 – Zitate kursiv)

Welche Bedeutung haben Engel in der Bibel? Gott sieht die Not und schickt einen Boten. Im Alten Testament sind Engel stark. … Sie sind keine niedlichen Engel, sondern kraftvoll. Aber durchaus wohltätig … Sie wenden die Not, heilen Beziehungen ... Die Hilfe Gottes wird konkret durch Engel vermittelt so wie bei Elia. Dem lebensmüden Propheten erschien ein Engel, richtete ihn wieder auf und gab ihm neuen Lebensmut.

Gibt es heute auch echte Engelserfahrungen? Theologisch gesehen sind Engel geistige, geschaffene Wesen. Alles, was erfahrbar ist, kann uns zu Engeln werden. Das kann ein Impuls sein, eine innere Einsicht, ein Buch, ein Mensch. …Ein Engel ist das Wirken Gottes. Aber er ist keine Person, sondern eine Macht, die mein Dasein schützt. …

Viele Menschen scheinen eine Sehnsucht nach Engeln zu haben. Woher kommt das? Es ist vermutlich eine Sehnsucht nach dem Göttlichen. Und auch eine Sehnsucht nach Schutz und behütet sein. Gott ist für manche zu weit weg. Für uns Christinnen und Christen ist es wichtig zu sehen, dass Engel eben Boten Gottes sind. …

Der Glaube an Gott braucht auch Menschlichkeit und eine Erfahrbarkeit. Vielleicht haben wir oft zu abstrakt von Gott gesprochen. …

Wie können wir … unseren Glauben weitergeben, dass er Menschen erreicht?
Es ist die Kunst, eine Sprache zu finden, die die Menschen verstehen, die sie berührt. Ich glaube, jeder Mensch hat eine Sehnsucht nach Gott. Diese Sehnsucht braucht Bilder. Engel sind Bilder für die Nähe Gottes. Über seine Wirklichkeit können wir nur in Bildern sprechen. Manchmal sind theologische Abhandlungen so abstrakt, dass die Menschen sie nicht verstehen. Dass sie keine Antwort auf die Fragen ihres Lebens finden. …

Viele jammern und fühlen sich ohnmächtig. Aber wir Christinnen und Christen haben die Hoffnung, dass die Mächtigen nicht das letzte Wort haben, sondern dass das Gott hat. Es gibt Hoffnung auch in dieser konkreten Zeit. Wir sehen die Realität, wie sie ist, und trotzdem hoffen und beten wir. Solange ich bete, habe ich Hoffnung.

… Viele sagen, beten nützt nichts. Aber es verwandelt zumindest mich. Und wenn ich Hoffnung in die Gesellschaft gebe, prägt das auch mein Umfeld. Da geht etwas von mir aus. Es gibt oft den Einwand, dass Gott nichts macht. Da frage ich dann, welches Gottesbild dahintersteckt. Gott ist nicht für alles verantwortlich. Aber er verwandelt mich und dann kann ich anders handeln in der Welt. Wenn ich bete und die Probleme Gott hinhalte, dann bleibe ich nicht in Ohnmacht und im Jammern stecken. Ich vertraue darauf, dass wir in dieser Situation trotzdem getragen sind.

So kann auch ein Gebet – oder ich durch mein Beten – zum Engel werden?
Genau. Wenn ich für einen Menschen bete, dann habe ich Hoffnung für ihn. Dann bekomme ich manchmal auch eine Idee, was ich ihm sagen oder für ihn tun könnte. Ora et labora – beten und handeln gehört zusammen. Gebet ermutigt mich auch zum Handeln. Wir graben eine Lebensspur in diese Welt, in diese Gesellschaft ein. Wenn das eine Spur der Hoffnung und Liebe ist, nicht der Aggressivität und der Bitterkeit, dann verkünden wir den Glauben auch. Ohne dass wir Leuten auf die Nerven gehen. Dann strahlen wir etwas aus – und werden so vielleicht zu Engeln für andere.

Pfr. Lampe vom Wohldenberg schreibt in seinem Gemeindebrief: Meistens wird Gott ganz leise Mensch … wenn Menschen zu Menschen werden.
Aus: Wochenblatt der Kath. Kirche im Pastoralraum Seesen, Bad Gandersheim und Wohldenberg, Nr. 49 - 2023/2024     

So wie Rudolf Otto Wiemer es in seinem Engel-Gedicht beschrieben hat (ich kann nicht über Engel reden, ohne dieses Gedicht ins Spiel zu bringen 😊):

Die Engel – Es müssen nicht Männer mit Flügeln sein

Es müssen nicht Männer mit Flügeln sein,
die Engel.
Sie gehen leise, sie müssen nicht schrein,
oft sind sie alt und hässlich und klein,
die Engel.

Sie haben kein Schwert, kein weißes Gewand,
die Engel.
Vielleicht ist einer, der gibt dir die Hand,
oder er wohnt neben dir, Wand an Wand,
der Engel.

Dem Hungernden hat er das Brot gebracht,
der Engel.
Dem Kranken hat er das Bett gemacht,
und hört, wenn du ihn rufst, in der Nacht,
der Engel.

Die letzte Strophe lasse ich einmal weg und ersetze sie durch eine andere:

Die Kranken hat sie informiert,
der Engel,
dass alles läuft, wie geschmiert,
ja, sie tippt in ihr Handy, 
wenn nach Nachricht man giert,
der Engel.

Meistens wird Gott ganz leise Mensch … wenn Menschen zu Menschen werden. Und wahrscheinlich verbergen sich in den Hosenträgern von Ellens geschätzten Latzhosen auf kleinstem Raum zusammengefaltet – Flügel …        

 Gebet: Dafür leihe ich mir ein Gedicht von Lothar Zenetti
 Corona_Gebete_in_Krise_und_Trauer.pdf (erzbistumberlin.de)

Gott, sende uns (in diesem neuen Jahr) Engel, dass sie uns behüten,
dass sie uns beistehn auf unseren Wegen.

Ein starker Engel sei an deiner Seite,
wenn du bedroht wirst, stehe er dir bei.
In Gottes Kraft, so mög´ er für uns streiten,
von bösen Mächten mache er uns frei.

Ein leiser Engel soll den Blick dir weiten,
das Ohr dir auftun und ans Herz dich rühr´n.
Er kommt als Bote, sanft will er uns leiten,
dass wir die Weisung Gottes in uns spür´n.

Ein lichter Engel soll die Dunkelheiten,
die dich bedrängen, wandeln in das Licht.
Er mach´ uns heil und führ´ uns durch die Zeiten,
bis wir dann schauen Gottes Angesicht.

Sende uns Engel, dass sie uns behüten,
dass sie uns beistehn auf unseren Wegen.