Freitags 5nach6 - Kirche wie?

05. Juli 2024

386_5nach6_05.07.24_Kirche – wie?                                     Ps 119

Es gibt sie in der Tat noch – gute Gründe Mitglied einer Kirche zu sein. Heute muss man sich ja schon beinahe rechtfertigen, warum man noch in der Kirche ist und nicht austritt. Deshalb standen die guten Gründe beim letzten Mal im Mittelpunkt von 5nach6.

Welche Folgen haben diese Gründe FÜR einen Verbleib in der Kirche nun für uns im neugewählten Kirchenvorstandsarbeit?

Zwei erfahrene und zwei neue Kirchenvorsteher/innen haben wir in St.Johannis, dazu unser Pastor – allerdings auf Abruf. Und ab Januar haben wir einen gemeinsamen Kirchenvorstandsarbeit zusammen mit den Bockenemer Kollegen/innen.

Ich denke, wir haben viel zu TUN – und deshalb möchte ich unsere Arbeit mit einigen „Tu-Wörtern“ beschreiben. Dabei ist diese – ganz persönliche - Aufzählung sicher nicht vollständig. Ich habe meist Wortpaare ausgesucht, um die große Bandbreite unserer Arbeit zu beschreiben.

Kirchenvorstandsarbeit zwischen „erhalten“ und „erneuern“

Gerade der Neustart in den Kirchenvorständen, aber bei uns zusätzlich der Zusammenschluss mit Bockenem im nächsten Jahr, ist Anlass genug zu schauen: Wo stehen wir? Was macht unsere Gemeinde aus? Was prägt sie, was ist typisch für sie?

Und dann müssen wir uns fragen: Was erwarten unsere Gemeindeglieder? Was soll erhalten werden, was soll verändert, erneuert werden, was soll neu hinzukommen? Und wir müssen uns selbst fragen: Was davon wollen wir leisten und – vor allem - was können wir mit begrenzten Fähigkeiten und Möglichkeiten leisten?

Kirchenvorstandsarbeit zwischen „Erfahren“ und „erkennen“

In meiner Arbeit als Lehrer gab es natürlich Richtlinien und Lehrpläne. Ich bin aber immer gut damit gefahren, vor allem im Religionsunterricht die Lebenserfahrungen, die Lebenswirklichkeiten meiner Schüler/innen zum Ausgangspunkt zu machen und dann zu schauen, wie sich Lehrplan-Themen damit verbinden lassen.

Ich denke, wir tun als Kirchenvorsteher/innen auch gut daran, zu schauen, wie die Lebenswirklichkeiten unserer Gemeindeglieder aussehen und unsere Arbeit daran auszurichten. Dazu müssen wir diese Erfahrungswelten wahrnehmen. Das schreibt sich leichter, als es getan ist, denn wir leben z.T. doch ganz schön abgeschottet in unseren Kreisen und Blasen.

Wenn wir diese Erfahrungswelten dann im Lichte der Botschaft Jesu bedenken, werden wir feststellen, dass diese Botschaft immer noch von Bedeutung ist. Und das gilt es, deutlich zu machen, zurückzuspiegeln in die Erfahrungswelten unserer Gemeindeglieder.

Jesus hat übrigens nichts anderes gemacht: Er hat nicht im Tempel gewartet, bis die Menschen zu ihm kamen und hat ihnen dann die Thora erklärt. Er war draußen, unterwegs mit und zu den Menschen, hat zugehört, wahrgenommen, wie sie leben, und hat dann hilfreiche Worte gefunden bzw. konkret geholfen, gepredigt in Wort und Tat.

Kirchenvorstandsarbeit zwischen „erzählen“ und „erklären“

„Gott hat gute Geschichten“, hat ein Kind vor vielen Jahren einmal im Religionsunterricht einer Grundschule gesagt. In der Tat – große Geschichten, die bisweilen auch große Antworten auf große Fragen geben.

Nehmen wir im Kant-Jahr 2024 – zum 300. Geburtstag des Philosophen Immanuel Kant – beispielsweise seine vier Grundfragen der Philosophie (1765): Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch?

Zahlreiche Erzählungen aus der Bibel versuchen, darauf Antworten zu geben. Sowohl die 10 Gebote als auch das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter sind Antwortversuche auf die Frage „Was soll ich tun?“. Z.B. die Ostererzählungen sind große Hoffnungserzählungen. Und dass der Mensch geliebtes Geschöpf Gottes ist, lesen wir schon auf den ersten Seiten des AT.

Diese Erzählungen gilt es, zu bewahren und weiterzutragen.

Aber – wir müssen sie auch für jede Zeit neu erklären, um nicht in den Verdacht zu geraten, einfach nur Märchen zu erzählen. Religion unterliegt eben auch Kants großem Ruf der Aufklärung, „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ (1784).

Kirchenvorstandsarbeit zwischen „erarbeiten“ und „erhalten“

Erarbeiten und leisten müssen wir viel. Ich erspare uns eine Aufzählung unserer Aktivitäten in der letzten Amtszeit, aber sie können sicher sein: es ist in Menge und Anforderungsniveau mehr als reichlich.

„Erhalten“ kennen wir in zwei Bedeutungen: einmal im Sinne von „bewahren“, zum anderen aber auch im Sinne von „(geschenkt) bekommen“. Und genauso ist es!

Gemeindeglieder, aber auch Menschen außerhalb der Gemeinde, beschenken uns mit Spenden, mit Ideen, Gebeten, Kritik und Lob, mit tätiger Mithilfe u.a.m. So erhalten wir viel und sind dankbar dafür.

Kirchenvorstandsarbeit zwischen „erreichen“ und „erreichbar sein“

Wichtig ist, dass wir unsere Gemeindeglieder erreichen. Das bedeutet ganz praktisch, dass wir um sie wissen und ggf. zu ihnen gehen können. Auch auf der Ebene der Sprache müssen wir unsere Worte so wählen und aussprechen, dass sie unsere Gemeindeglieder erreichen, dass sie uns verstehen.

Umgekehrt müssen wir für unsere Gemeindeglieder auch erreichbar sein. D.h. dass wir ihnen so bekannt und vertraut sind, dass sie uns ansprechen, aufsuchen oder per Telefon oder Mail Kontakt zu uns aufnehmen können.

Kirchenvorstandsarbeit zwischen „ermahnen“ und „erheitern“

Die Ev. Kirche Deutschlands (EKD) spricht gern vom Wächteramt, dass sie hat. Was ist damit gemeint? Wir brauchen zwar keine Nachtwächter-Kirche, aber wir brauchen eine Kirche, die wie ein Nachtwächter die Entwicklung der Gesellschaft – im Land wie im Dorf – im Auge hat und ggf. mahnend ihre Stimme erhebt, wenn sie auf dem Hintergrund der Botschaft Jesu den Eindruck hat, dass etwas falsch läuft. Genauso darf und muss sie aber auch loben, wenn etwas in die richtige Richtung läuft.

Tod, wo ist dein Sieg? / Tod, wo ist dein Stachel? … Gott aber sei Dank, der uns den Sieg geschenkt hat durch Jesus Christus, unseren Herrn (1Kor 15, 54f). Auf dem Hintergrund von Ostern und der uns zugesagten Auferweckung nach dem Tod zum Leben bei Gott gibt es in der Tradition das sog. Osterlachen. Der Tod hat seine Macht verloren und wird deshalb besonders in den Ostergottesdiensten in witzigen Predigten ausgelacht. Locker und fröhlich darf es in Kirche aber auch vor und nach Ostern zugehen.

„Erlöster müssten die Christen aussehen, wenn ich an ihren Erlöser glauben sollte“. Das sagt Friedrich Nietzsche, ein großer Philosoph und Kritiker des Christentums. Eben – wir haben allen Grund, fröhlich zu sein.

Kirchenvorstandsarbeit zwischen „erleiden“ und „erfreuen“

Manche Entwicklung, manchen Zustand innerhalb und außerhalb von Kirche erleiden wir tatsächlich. Aber das Kreuz gehört zum Christsein – auch in der Kirchenvorstandsarbeitsarbeit. Umso mehr freuen wir uns, wenn etwas gelingt, wenn wir positive Rückmeldungen bekommen – und überhaupt versuchen wir auch, andere zu erfreuen.

Kirchenvorstandsarbeit zwischen „(sich) ergeben“ und „ermutigen“

Das sog. Gelassenheitsgebet lautet: O Herr, gib mir die Kraft, Dinge, die ich nicht ändern kann, mit Gelassenheit hinzunehmen. Gib mir den Mut, zu ändern, was geändert werden kann und muss. Und gib mir die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Es gibt Entwicklungen, die ein Kirchenvorstandsarbeit nicht verhindern kann, weil die Macht, die Kraft oder die Fähigkeit schlicht fehlen. Da muss man sich ergeben und die Dinge hinnehmen, wie sie nun einmal sind, und das Beste daraus machen.

Der ev. Theologe Dietrich Bonhoeffer hat ein Buch mit dem Titel „Widerstand und Ergebung“ geschrieben. Er war ein Widerstandskämpfer gegen die Unrechtsherrschaft der Nationalsozialisten – und musste sich letztlich ergeben, letztlich in die Hinrichtung im KZ. Aber erst hat er noch Widerstand geleistet …

Ein gewiefter Kollege, der mit einer Entwicklung in unserer Schule nicht einverstanden war, meldete sich just für die Arbeitsgruppe, die diese Entwicklung vorantreiben sollte. Auf meine erstaunte Frage, wieso ausgerechnet er dort mitmachen wollte, sagte er verschmitzt: „Wenn ich eine Entwicklung schon nicht verhindern kann, will ich sie wenigstens in meinem Sinn beeinflussen!“

Auf diese Weise ist die Ergebung schon ein wenig aufgeweicht in Richtung Mut. Und das brauchen wir im Kirchenvorstandsarbeit auch – Ermutigung. Dankbar nehmen wir sie von außen an. In den zurückliegenden Jahren habe ich aber wohltuend empfunden, dass wir uns untereinander auch sehr gut ermutigen können.

Kirchenvorstandsarbeit zwischen „erwärmen“, „erhitzen“ und „erkalten“

Das ist gar nicht so einfach … Natürlich „brennen“ wir für unsere Arbeit im Kirchenvorstandsarbeit, aber wir versuchen dabei trotzdem, einen kühlen Kopf zu behalten – aber nie ein kaltes Herz. Erhitzen wollen wir uns in unseren Diskussionen nicht, sondern cool und besonnen bleiben. Erwärmen ist wichtig – für einander, für unsere Aufgabe und für die Menschen in unserer Gemeinde.

Kirchenvorstandsarbeit zwischen „erhoffen“ und „erstaunen“

Wer hofft, kennt das Leid. Deshalb ist Hoffnung immer konkret, nämlich ein Gegenbild zu einem Leid. Das ist der Unterschied zum schlichten Optimismus nach dem Motto „Don‘t worry, be happy“ – „Reg‘ dich nicht auf, sei glücklich!“

Wir kennen unsere Schwächen, die Schwachstellen unserer Gemeinde und unserer Kirche insgesamt (oder glauben sie zu kennen). Wir wissen aber auch, dass Gottes „Kraft sich vollendet in der Schwachheit. Darum will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, auf dass die Kraft Christi bei mir wohne (2Kor 12,9).

Daraus erwächst Hoffnung.

Und wenn sie sich erfüllt, sind wir erstaunt – und wenn uns unverhofft etwas Gutes widerfährt, sind wir noch mehr und vor allem dankbar erstaunt.

 Kirchenvorstandsarbeit zwischen „erbitten“ und „ermöglichen“

Manches können wir nur erbitten und hoffen, dass es uns ermöglicht wird. Manches aber wollen wir auch selbst für andere ermöglichen. Ein gutes Beispiel sind der Nachmittag der Begegnung und Beten, Bilder und Buffet. Wir ermöglichen es, erbitten aber die Mithilfe der Gemeindeglieder. Was wäre der Nachmittag der Begegnung ohne die liebevoll und gekonnt gebackenen Kuchen unserer Seniorinnen, was wäre Beten, Bilder und Buffet ohne die mitgebrachten Leckereien für das Buffet.

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St. Johannis Königsdahlum