Freitags 5nach6 - Die Nacht

21. Dezember 2023

364.4 5nach6 22.12.2023 Die Nacht

4. Advent
Es ist dunkel in Tagen wie diesen
Die Nächte sind lang
Und auch kalt
Genau da willst du sein, Gott
Vier Kerzen nur
Augen leuchten
Im Engellicht
D.Joachim, Kleine Liturgie im Advent, in: dies.,KURZ – Andachten und geistliche Impulse, Frankfurt, 2022, S.34

 

Die Nächte sind lang / Und auch kalt / Finster sieht es für viele Menschen aus – und das nicht nur nachts. Genau da willst du sein, Gott. Gott, wo bist du? Ich warte auf dich, ich erwarte dich, ja, ich suche dich!

 

„Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“.

 

Dieses Gedicht stammt von der jüdischen Schriftstellerin Mascha Kaléko. Sie wurde 1907 in Polen geboren. 1914 floh sie mit der Familie nach Deutschland, um Juden-Verfolgungen in Polen zu entgehen. Später wurden ihre Bücher in Deutschland als „schädliche und unerwünschte Schriften“ von den Nationalsozialisten verboten. Die Familie konnte 1938 in die Vereinigten Staaten auswandern. Mascha Kaleko kannte diese Nächte voller Furcht! Aber – sie kannte auch die Sterne und den Mond, das was Menschen und das Leben lebens- und liebenswert macht.

 

„Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“.

 

Immer wieder in den letzten Wochen sind mir diese Worte durch den Kopf gegangen, ja, auch nachts … Sie gehören für mich inzwischen zu Texten wie Ps 23, Texte, die zum Leben helfen, trotz allem. Warum?

 

Das Gedicht akzeptiert, ja, respektiert die Furcht und die Gründe, weshalb wir uns fürchten – und das nicht nur im Dunkel der Nacht.

 

„Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“.

 

Mascha Kaleko lässt die Furcht nicht von strahlendem Sternenlicht oder hellglänzendem Mondlicht überstrahlen. Die Furcht verschwindet nicht. Sie wird … beleuchtet … Von weither kommen Sternenlicht und Mondglanz. Sie tauchen die Furcht und ihre Gründe in ein anderes Licht. Es gibt nicht mehr nur Dunkelheit und Furcht!

 

„Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“.

Und genau an dieser Stelle bekommen Mascha Kalekos Worte für mich weihnachtliche Züge! Nicht einmal der Evangelist Lukas kannte die geschichtliche Wahrheit über die Geburt Jesu, als er die unvergleichliche Erzählung von der Geburt im Stall und den Hirten auf dem Felde aufschrieb. Da darf Kalekos kleines Gedicht für mich durchaus neben der Weihnachtsgeschichte stehen.

 

Die „Herrlichkeit des Herrn“ und das Licht der Sterne und der Glanz des Mondes fallen berühren sich in den Worten des Engels bei den Hirten auf dem Felde:

 

 »Fürchtet euch nicht! Hört doch: Ich bringe euch eine gute Nachricht, die dem ganzen Volk große Freude bereiten wird.11Denn heute ist in der Stadt Davids für euch der Retter geboren worden: Er ist Christus, der Herr. … 14»Gottes Herrlichkeit erfüllt die Himmelshöhe! Sein Frieden kommt auf die Erde zu den Menschen, denen er sich in Liebe zuwendet!« (Lk 2, 10-14 i.A.)

 

„Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“.

 

Gebet:

Gott, du Anfang und Ende
Sei bei uns mit der Kraft deiner Liebe
Deiner Gnade
Deiner Barmherzigkeit
Heute, morgen und allezeit.
D.Joachim, Kleine Liturgie im Advent, in: dies.,KURZ – Andachten und geistliche Impulse, Frankfurt, 2022, S.35