Freitags 5nach6 - Vom Glück … der Freundschaft

05. August 2022

312 5nach6 05.08.2022_Vom Glück … der  Freundschaft            Ps 25

Quelle: S.Meister, Vom Glück der Freundschaft, in: Gottesdienstinstitut der ELKB, Drei Stück vom Glück. - Andachten zum Thema Glück (2022), Nürnberg, 2022, S.4-7, Zitate kursiv

Schwere Zeiten, das war meine Überschrift für die letzten Andachten. Aber was hilft, schwere Zeiten zu bestehen? Nun, ich denke, dazu braucht man Glück. Zu meinem Geburtstag neulich haben mir viele Menschen „Glück“ gewünscht. Aber – was gehört zum Glück, zum Glücklich-sein? Mit Glück meine ich aber nicht nur, das Zufällige, Schicksalhafte, das einem widerfährt. Darüber hinaus gehören zum Glück einige Elemente, über die ich in den nächsten Wochen nachdenken möchte – mit Hilfe von drei Kurzandachten aus dem Nürnberger Gottesdienst-Institut. 

 

Freundschaften sind mit das kostbarste im Leben. Verwandtschaft hat man unabweisbar, Freunde findet man. Einfach so, zufällig oder nach langer Suche.

Die Glücksforschung belegt: Freundschaften machen uns glücklicher. Ja manche behaupten sogar: Mit einem Freund, einer Freundin verlängert sich das Leben. Zumindest gewinnt das Leben durch Freunde an Qualität …

Mit einer Freundin zu reden, hilft in manchen Krisen des Lebens. Mit einem Freund kann man – wie es heißt – durch „dick und dünn gehen“. Oder – wie man das früher offenbar getan hat – Pferde stehlen. Nein, ich weiß schon, die alte Redewendung steht für das besondere Vertrauen, das es zwischen Freunden gibt.

Mit einer Freundin, einem Freund kann ich Hobbys und Gedanken teilen. Ja überhaupt – unabhängig vom Partner, den Kindern, der Familie, eröffnet sich mit einer Freundschaft noch einmal eine andere, eine eigene Welt.

Freunde machen glücklich, weil sie das Gefühl des Lebendig-Seins verstärken. Zum Ich kommt ein Du, das etwas anderes in mein Leben bringt. Deshalb ist es nicht egal, mit wem ich mich befreunde, wen ich zu meinen Freunden zähle.

Ungleiche Freunde

Meine Lieblingsgeschichte dazu ist diese (vgl. Gina Ruck-Pauquèt in: Neues Vorlesebuch Religion 1., hrsg. v. D. Steinwede,. Lahr 1996, 74f).

Sie handelt von zwei Kindern. Benjamin und Josef. Benjamin ist das, was wir ein aufgewecktes Kerlchen nennen würden. Er wächst behütet auf. Seine Eltern kümmern sich um ihn. Und sie haben Grundsätze .... Einer davon ist: dass man immer etwas dazu lernen kann und sollte. Nicht nur in der Schule, auch in der Freizeit. Und Benjamins Vater weiß, dass Freunde dabei wichtig sind. Man kann sich an ihnen orientieren, von ihnen etwas lernen. Manche sind klüger als man selbst. Zu manchen kann man aufschauen, sie bewundern für ihr Können. So einen Freund stellt sich der Vater für seinen Sohn vor.

Benjamin hat einen Freund, den Josef. Aber an „so einen“ hatte sein Vater im Grunde nicht gedacht. Eigentlich kennt Benjamins Vater den Josef gar nicht. Aber was er von ihm weiß, ist, dass er nicht so ein Freund ist, wie er sich das für seinen Sohn wünscht. Eigentlich, findet er, passen doch die Kinder nicht zusammen: Benjamin, der Aufgeweckte und Josef, der, naja, – er sagt es etwas verschämt – etwas „Zurückgebliebene“. Benjamin weiß, dass Josef sich schwer tut mit dem Lernen und mit dem Reden. Die andern sagen: „Der ist dumm!“ Der Vater jedenfalls findet, von Josef kann Benjamin nicht profitieren – weder für die Schule noch im Sport. Doch Benjamin mag seinen Freund. Mit ihm ist er gern unterwegs: hinterm Stall bei den Katzen, am Dorfweiher, Papierschiffchen fahren lassen. Und am Ufer Steine sammeln, die aussehen, als hätten sie Gesichter oder Knubbelnasen oder wären Riesenkäfer. Doch Benjamins Vater bleibt dabei: Josef ist kein Umgang für seinen Sohn. Von Josef kann Benjamin nichts lernen, jedenfalls nichts Wichtiges fürs Leben. Und so erklärt er seinem Sohn: Ein Freund sollte immer ein bisschen klüger sein als man selbst, damit man weiter kommt im Leben.

Benjamin überlegt. Dann sagt er nach einer langen Pause: „Wenn du meinst, dass der Josef dümmer ist als ich, dann ist es doch gut für den Josef, dass er mich hat, nicht wahr?

Sich im Freund neu kennen lernen

Mir gefällt dieser Wechsel der Blickrichtung: Bei einer Freundschaft kommt es nicht nur darauf an, was ich vom anderen bekomme, sondern auch, was ich dem anderen geben kann, was ich für ihn oder sie bin. Ich erfahre durch einen anderen Menschen, was ich bin und kann: verlässlich sein oder mitreißend spontan; am Telefon lange zuhören können …; wer ich bin, erfahre ich nicht von meinem Spiegel, aber von meinem Freund.  Ein Freund zu sein, ist noch einmal eine ganz andere Erfahrung als einen Freund zu haben. Und Freundschaften können natürlich auch „ungleiche“ Freundschaften sein. Die Rollen wechseln über die Jahre: geben und nehmen muss nicht immer ausgeglichen werden.

David und Jonathan

In der Bibel wird so eine ungleiche Freundschaft von David und Jonathan beschrieben:

Bekanntermaßen gewann der junge Hirtenjunge David den Kampf gegen den riesigen Soldaten Goliath und das ohne alle kriegerische Ausrüstung. Alle bewunderten Davids Mut und seinen Kampfgeist: König Saul, seine Soldaten und auch der Königssohn Jonathan. Er war begeistert von dem mitreißenden David. In der Bibel steht, dass die beiden Freunde wurden, beste Freunde. Jonathan, der Königssohn, schenkt – zum Zeichen seiner Zuneigung und Treue – David seine Rüstung, sein Schwert, seinen Bogen und seinen Gürtel. Das ist ungewöhnlich.

Diese biblische Passage ist bemerkenswert, weil sie etwas über Freundschaft erzählt: Jonathan liefert sich David mit diesem Geschenk vollkommen aus. Er macht sich verwundbar, zeigt sich ohne Visier und Schutz. „Willst du mein Freund sein?“ sagt diese Geste. Eine Freundin, ein Freund ist jemand, der alles von dir weiß, der dich kennt, wie du bist – und der dich trotzdem als Freund will.

Das andere: In einer Freundschaft gibt es keine Hierarchie, kein Oben und Unten. Unter Freunden wechseln oben und unten. Der Königssohn schwört dem Hirtensohn die Treue. Das ist der Unterschied zu Seilschaften und Zweckfreundschaften. Diese Freundschaft kennt keine Hintergedanken. Für Jonathan ist David in erster Linie der Freund und nicht der einfache Hirtensohn. Er kümmert sich nicht um Stand oder Macht oder Einfluss. Er fragt nicht: Was bringt mir diese Freundschaft? Sondern: was kann ich in dieser Freundschaft geben? Oder noch wahrscheinlicher: Er fragt gar nicht nach dem Zweck dieser Freundschaft. Er ist einfach ein Freund.

Aus dem Anderen wird ein Freund. Aus dem Ich wird ein Du. Was für ein Glück, wenn Menschen Freunde werden.

Und Gott? Der ist ein Freund des Lebens, heißt es in der „Weisheit“ der Bibel (11,26). Gott hat Freundschaft geschlossen mit dem Leben, mit uns – ganz ohne Hintergedanken. Gott zum Freund haben, das ist ein bisschen so wie das „Sehenlernen“ mit Josef:

„Der Josef sieht mehr. Blätter und so. Steine. Ganz tolle. Und er weiß, wo Katzen sind. Und die kommen, wenn er ruft“, heißt es in der Geschichte von Benjamin und Josef. Gott ist ein Freund des Lebens. Eine ungleiche Freundschaft, aber eine, auf die wir uns verlassen können.

Freundschaftliche Nähe zu einem Gott, der so unvorstellbar fern, so unvorstellbar anders ist? Ja. JAHWE, die alte hebräische Umschreibung für „Gott“, kann man ungefähr so übersetzen: Ich bin der „Ich-bin-da“ für dich. Dieser Gott will mein Freund sein.

Ein Freund, wie der, den man morgens um 4 Uhr anrufen und bitten kann: „Bitte komm und hol mich!“, und zwar auch dann, wenn dieser Ort in einem anderen Land liegt. Und der dann nicht fragt: „Aus Costa Rica?! Bist du irre?!“ Sondern der nur fragt: „Wo genau in Costa Rica?“

Gebet (Quelle: Fürbitten zur Freundschaft | LOGO aktiv (logo-buch.de):

Unser Gott, du bist ein Freund der Menschen.
In Jesus Christus trittst du an unsere Seite.
Wir danken dir für die Menschen, die an unserer Seite sind,
gute Freunde, auf die wir uns verlassen können, wie wir uns auf dich verlassen dürfen.
Wir bitten dich:
Schenke allen Menschen solche Freunde,
mit denen sie Freude und Glück teilen können.

Schenke allen Menschen solche Freunde, die mit ihnen Leid und Traurigkeit teilen.
Schenke allen Menschen solche Freunde, auf die sie sich verlassen können,
und die auch in schweren Zeiten an ihrer Seite bleiben.
Schenke allen Menschen solche Freunde, die sie stärken und ihnen Hoffnung geben, wenn es mal nicht so gut läuft

Schenke allen Menschen solche Freunde, damit sie sich nicht einsam fühlen und nicht alleine dastehen.

Lass uns Freunde finden, die uns so nehmen, wie wir sind und uns nicht ständig ändern wollen. Und lass uns zu solchen Freunden werden.

Lass uns Freunde finden, die nicht von unserer Seite weichen, die zu uns stehen, auch wenn wir versagen. Und lass uns zu solchen Freunden werden.

Lass uns Freunde finden, die uns zuhören und auch selbst mal schweigen können.
Und lass uns zu solchen Freunden werden.

Lass uns Freunde finden, die mit uns lachen und mit uns weinen.
Und lass uns zu solchen Freunden werden. ~