Freitags 5nach6 - Ostern 3 - Auferstehung in der Natur

19. April 2024

378_5nach6_19.04.24_Ostern 3 Auferstehung in der Natur                          Ps 118

Die Botschaft von Michael Triegels Fensterbild in der Johanniskirche in Plauen lautete ja: Ostern zieht Gott den Vorhang weg, der uns den Blick auf die Auferstehung verstellt. Und dann kommt hinter dem Vorhang der Auferstandene mit Siegesfahne segnend auf uns zu – und tritt den Tod mit Füßen. Es ist eine Figur, wie wir sie auch auf unserem Altar in St.Johannis Königsdahlum sehen.

Wie begegnet uns Gott in Jesus Christus heute? Eher nicht in Form jener Siegerfigur wie auf Triegels Bild oder auf unserem Altar. Aber sicher in Anlehnung an das Gleichnis vom Weltgericht (Mt 25) in den geringsten Brüdern und Schwestern, die Zuwendung und Hilfe benötigen, und sicher auch in Gestalt von Menschen, die sich in der Nachfolge Jesu so zugewandt und hilfsbereit zeigen.

Wir Menschen sind ja in unserem Denken und Vorstellungsmöglichkeiten begrenzt. Wir denken – natürlich – menschlich. Deshalb haben unsere Gottesvorstellungen auch immer menschliche Züge: wir sprechen vom Vater, vom guten Hirten (Ps 23) usw.

Aber Gott ist immer auch der ganz Andere, er entzieht sich unseren Vorstellungsmöglichkeiten. Was wir uns von Gott vorstellen können sind allenfalls Puzzlestücke. Doch wird dieses Puzzle nie fertig sein …

Gerade in diesen Frühlingstagen drängt sich eine ganz andere, nicht-menschliche Vorstellung von Gott und der Auferstehung Jesu Christi auf. Wir können Gott, der den winterlichen Tod überwindet und das neue Leben schenkt, in der Natur begegnen! Unübertroffen hat das für mich Paul Gerhardt beschrieben in seinem Lied „Geh aus, mein Herz, und suche Freud“!

Paul Gerhardt (*1607. † 1676) war ein evangelisch-lutherischer Theologe und gilt als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Kirchenlieddichter.
Sein Vater ernährte die Familie durch die Bewirtschaftung eigenen Gartenlands;... Wie viele andere Familien hatten auch die Gerhardts unter den Folgen des Dreißigjährigen Krieges zu leiden – Hungersnot, Seuchen und Übergriffe der Soldaten –. …Paul Gerhardt besuchte ab … 1622 … die Fürstenschule St. Augustin in Grimma, die als Schmiede des sächsischen Pfarrer- und Beamtennachwuchses galt. … Um 1643 beendete Gerhardt seine Studien und ging nach Berlin. Die dortige Bevölkerung war durch den Krieg sowie durch Pest, Pocken und die Ruhr um mehr als die Hälfte reduziert (von 12.000 vor dem Krieg auf 5.000 bei Kriegsende).
Er konnte am 30. November 1651 sein Amt als Pfarrer in Mittenwalde antreten. …
1655 heiratete Paul Gerhardt Anna Maria. … Von fünf geborenen Kindern verstarben drei … Der Rat von Lübben, … entschied sich nach einer Gastpredigt … 1668 für Paul Gerhardt. (Wikipedia)

(Erstmals veröffentlicht wurde das Gedicht „Geh aus, mein Herz“ 1653. Der weit ausholende Liedtext, der in originaler Fassung 15 Strophen umfasst, gliedert sich in mehrere Abschnitte: Der erste Teil (Strophe 1–7) beginnt mit der Anrede an ein Gegenüber und fordert es auf, hinauszugehen zur Betrachtung der sommerlichen Natur und zur Bewunderung ihrer Schönheit. … In Strophe 8, also exakt in der Mitte des Gedichts, spricht …hier wohl der Dichter … von sich selbst: Er „selbsten kan und mag nicht ruhn“, weil „des grossen Gottes grosses thun“ sein Denken herausfordert, ihn also über den Preis der Schöpfung zum Lobpreis Gottes führt. Der letzte Teil handelt von der Vorahnung, dass der himmlische Garten die irdische Schönheit nochmals überstrahlen werde. Die Schlussstrophen, nun an Gott gerichtet, leiten aus dem Vorangegangenen die Bitte ab, zur eigenen Vollendung zu gelangen. Der Weg dorthin wird in Bildern aus der Natur veranschaulicht: „... dass ich dir werd ein guter Baum“, …)

1. Geh aus, mein Herz, und suche Freud
in dieser lieben Sommerzeit
an deines Gottes Gaben;
Schau an der schönen Gärten Zier,
und siehe, wie sie mir und dir
sich ausgeschmücket haben.

Die erste Zeile ist gewiss zunächst wörtlich zu nehmen: Paul Gerhardt lädt uns ein, rauszugehen  in die Natur und uns an ihrer Schönheit zu erfreuen.

Als Theologe weist er uns gleich darauf hin, dass die Natur in ihrer Schönheit nicht einfach „da“ ist. Er sieht als eine Gabe Gottes, ein Geschenk Gottes an uns – in dem Gott selbst erfahrbar und anschaulich wird, uns begegnet. Aber wir sollen nicht nur sehen, schauen! Das Herz soll hinausgehen, im damaligen Verständnis der Kern des Menschen. Mit allen Sinnen, als ganzer Mensch sollen wir uns der Natur öffnen – sehen, riechen, fühlen, schmecken und hören.

Und Freude sollen wir suchen. Das ist eine Lebensaufgabe, der wir uns mit Hingabe widmen sollen. Das ist ja der tiefe Sinn des göttlichen Geschenkes an uns: dass wir Freude daran und an ihm haben. Und wenn wir uns daran freuen können, dann wird diese Gabe auch zur Aufgabe. Denn natürlich kümmere ich mich auch um das, was mir Freude bereitet.

Freude, sich freuen, das ist mehr als einfach nur Spaß haben! Das ist Lebhaftigkeit, Lebenslust! Freuen kann sich nur, wer nicht ganz dicht ist, d.h. wer offen ist, aus dem Haus und auch aus sich herausgeht – und das Leben in seiner Fülle entdeckt.

7. Der Weizen wächset mit Gewalt;
darüber jauchzet Jung und Alt
und rühmt die große Güte
des, der so überfließend labt,
und mit so manchem Gut begabt
das menschliche Gemüte.


Die Menschen zur Zeit Paul Gerhardts, wissen, was Hunger ist – denken wir nur an den 30-jährigen Krieg! Da ist das Jauchzen über die grünenden Weizenfelder nur zu verständlich. Und wozu wächst der Weizen? Damit der Mensch sich daran labt, dass er davon lebt. Denn das Leben, das ist es, was unser Gott in seiner Güte für uns will. Deswegen beschenkt er uns, begabt uns. Sicher ist es durchaus in Paul Gerhardts Sinn, wenn wir „begaben“ nicht nur als Beschenkung mit den Gaben der Natur verstehen. Unsere Begabungen, unsere Fähigkeiten, die dem eigenen und fremden Leben dienen, gehören zu diesen Gottesgeschenken dazu. Wir müssen mit ihnen nur das tun, was wir mit anderen Geschenken auch tun: auspacken und in Gebrauch nehmen!

8. Ich selber kann und mag nicht ruhn,
des großen Gottes großes Tun
erweckt mir alle Sinnen;
ich singe mit, wenn alles singt,
und lasse, was dem Höchsten klingt,
aus meinem Herzen rinnen.

Ja, angesichts dieser Beschenktheit, dieser Begabung, kann ich gar nicht anders – ich muss Gott danken und loben. Dieses „muss“ ist dabei kein Zwang. Wie eine überlaufende Regentonne fließe ich einfach über von der Güte Gottes und dieser Überfluss wird zu Lob und Dank, die aus meinem Herzen rinnen. Ich kann nicht einfach nur ruh’n – da ist es zumindest sprachlich - nur ein kleiner Schritt zum Tun – nicht als „Leistung“, sondern einfach als Folge aus dem Geschenk der Güte Gottes.

9. Ach, denk ich, bist du hier so schön
und läßt du’s uns so lieblich gehn
auf dieser armen Erden;
was will doch wohl nach dieser Welt
dort in dem reichen Himmelszelt
und güldnen Schlosse werden!

 

Paul Gerhardt hält die Güte Gottes für grenzenlos. Deshalb kann auch der Tod diese Güte des Leben schenkenden Gottes nicht begrenzen. Und so behauptet er auch für die Zeit nach dem Tod neues Leben in Fülle – mit den Bildern der damaligen Zeit, die genau diese Fülle beschreiben: die goldenen Schlösser der Fürsten, die letztlich sorglos in Saus und Braus leben.

12. Doch gleichwohl will ich, weil ich noch
hier trage dieses Leibes Joch,
auch nicht gar stille schweigen;
mein Herze soll sich fort und fort
an diesem und an allem Ort
zu deinem Lobe neigen.

Diese Hoffnung ist für Paul Gerhardt nicht für die „stille Kammer“. Überall, inmitten der Fülle des Lebens und auch inmitten der schlimmen Umstände, die wir zu tragen haben (Paul Gerhardt wusste – im Wortsinn! – ein Lied davon zu singen) bleiben wir nicht still und regungslos. Wir machen den Mund auf, wir loben dankbar, wir regen uns, wir regen uns auch auf, wir bewegen uns – und wir handeln, in Wort und Tat. Wie sieht das aus, wenn wir uns regen, bewegen und handeln in Wort und Tat? Paul Gerhardt beantwortet die Frage mit einem weiteren Bild aus der Natur. Wir sollen mit Gottes Hilfe wie ein Baum werden.

14. Mach in mir deinem Geiste Raum,
daß ich dir werd ein guter Baum,
und laß mich Wurzel treiben.
Verleihe, daß zu deinem Ruhm
ich deines Gartens schöne Blum
und Pflanze möge bleiben.

 

Und wie ist der Baum? Was macht er? Wie kann ich ein guter Baum werden?

Wie ein Baum kann ich wurzeln – in der Religion, in der Tradition, in Werten. Aber ich soll aus diesem Boden, aus dieser Grundlage herauswachsen, Nahrung daraus saugen, Halt finden, wenn ich mich dem Leben aussetze und es gestalte.

Wie ein Baum kann ich den Lebensraum um mich halten, erhalten, kann Halt und Schutz bieten dem, der sich an mir festhalten und bei mir Unterschlupf suchen möchte.

Wie ein Baum kann ich Wasser speichern, Lebenskraft halten und abgeben.

Wie ein Baum kann ich in mir und um mich herum Lebensraum bieten.

Wie ein Baum kann ich Früchte tragen und damit Leben erhalten, neues Leben ermöglichen.

Wie ein Baum kann ich Schatten spenden, wenn die Umstände es erfordern, wenn Menschen Ruhe und Erholung brauchen.

Wie ein Baum kann ich mein Leben verlieren und neue Gestalt gewinnen: als Bauholz, als Möbelstück, als Brennholz, als Moder und Humus und auch so noch dem Leben dienen – und Gott.

 

Gott im auferstandenen Christus in der Natur begegnen, einer immer wieder neu erfahrbaren Auferstehung.

Gebet: (nach Gebete (erzbistum-muenchen.de)

Gott,
der du in der Weite des Alls gegenwärtig bist
und im kleinsten deiner Geschöpfe,
der du alles, was existiert,
mit deiner Zärtlichkeit umschließt,
gieße uns die Kraft deiner Liebe ein, damit wir das Leben hüten.
Überflute uns mit Frieden, damit wir als Brüder und Schwestern leben.
Heile unser Leben,
damit wir Beschützer der Welt sind und nicht Räuber,
damit wir Schönheit säen und nicht Zerstörung.
Rühre die Herzen derer an,
die nur Gewinn suchen auf Kosten der Armen und der Erde.
Lehre uns,
den Wert von allen Dingen zu entdecken
und voll Bewunderung zu betrachten;
Lehre uns,
zu erkennen, dass wir zutiefst verbunden sind mit allen Geschöpfen.
Danke, dass du alle Tage bei uns bist.
Stärke uns in unserem Kampf
für Gerechtigkeit, Liebe und Frieden.

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St. Johannis Königsdahlum