Freitags 5nach6 - prüft alles

10. Januar 2025

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Quellen: (1) J.Kegler u.a., Kursbuch Bibel, Stuttgart, 2009, S.132ff

„Prüft alles und das Gute behaltet“, das ist die Überschrift, die Losung, die die Ev. Kirche für das Jahr 2025 ausgewählt hat. Sie steht im 1. Brief an die Thessalonicher (5, 12).

Dieser Brief ist das älteste schriftliche Dokument des NT. Er ist der erste Brief des Paulus, den er wohl von der griechischen Hafenstadt Korinth aus im Jahre 49 n.Chr. geschrieben hat.

Oje, ein fast 2.000 Jahre alter Brief, der für Griechen/innen geschrieben wurde. Was wirft er für Königsdahlumer/innen ab? Schauen wir mal! Machen wir eine Zeitreise in jene griechische Stadt und schauen, ob es trotz räumlicher und zeitlicher Entfernungen Gemeinsamkeiten mit uns in Königsdahlum und Bockenem gibt.

Paulus kommt auf seiner zweiten großen Missionsreise, auf der von Jesus erzählt und Menschen für das Christentum gewinnt, auch nach Thessalonich. Heute heißt die Stadt Thessaloniki (auch nur Saloniki); sie liegt in Griechenland. Er war in Jerusalem aufgebrochen, durch den Libanon, Syrien und die Türkei gereist. Zum ersten Mal kommt er dann nach Europa. Seinen Lebensunterhalt verdient er sich durch eigene Arbeit. Er hatte den Beruf des Zeltmachers gelernt.

Wegen ihrer verkehrsgünstigen Lage war Thessaloniki schon in alten Zeiten sehr bedeutend (heute ist es die zweitgrößte Stadt Griechenlands).

Na, verkehrsgünstig liegen wir auch. Und bedeutend war Königsdahlum vor 800 Jahren mit seiner Kaiserpfalz!

Der Brief ist wenige Monate nach der Gründung der Thessalonicher Gemeinde entstanden (Paulus war inzwischen weiter gereist) … Jetzt brauchte die junge Gemeinde Rat und Hilfe. Durch einschneidende Veränderungen (wie den Tod einiger Gemeindeglieder)war man unruhig geworden: Stimmt denn das, was Paulus uns versprochen hat? Wird Jesus Christus bald wiederkommen und Gottes Herrschaft aufrichten?

Ja, Veränderungen, die haben wir auch – im Großen wie im Kleinen. Und Zweifel, selbst Glaubenszweifel sind auch uns nicht fremd. Ist es nicht auch zum Zweifeln, zum Verzweifeln, wenn wir die Weihnachtsbotschaft vom Frieden auf Erden hören und in der Tagesschau vom ganzen Gegenteil erfahren?!

Paulus versichert den Gemeindegliedern in seinem Brief, dass die Christen (eben auch die Verstorbenen) für alle Zeit und Ewigkeit bei Gott sein werden. … Paulus schreibt den Fragenden: Niemand wird verloren gehen!

Paulus ist wichtig: Christen sollen sich und ihren Glauben im Alltag bewähren …

Das gilt für Thessalonich wie für uns.

In der jungen Gemeinde herrscht Aufregung: der römische Staat wird immer mächtiger, die Christen haben es schwer in der heidnischen Umgebung.

Nun, auch das ist uns heute nicht fremd. Zwar haben wir als Kirche weniger ein Problem mit dem freiheitlichen, demokratischen Staat – das ist schon anders als im alten Rom. Dafür ist nicht immer einfach, als Christ in manchmal neu-heidnischen Umgebungen zu leben. Während man sich früher rechtfertigen musste, wenn man aus der Kirche austrat, muss man sich heute bisweilen belächeln lassen und erklären, warum noch nicht ausgetreten ist oder sich sogar noch engagiert in der Kirche.

Der Brief möchte den Glauben … stärken … Die Christen sollen bis zur Wiederkunft Christi so handeln wie Paulus: die tägliche normale Arbeit tun. (1)

Hm, trotz allem gar nicht so weit weg von uns!

Und Paulus spart nicht mit Ratschlägen für eine christliche Lebensführung. Einer dieser Ratschläge ist unsere Jahreslosung: „Prüft alles und das Gute behaltet“ (1Thess 5,12).

Im Zeitalter von Fake News, Desinformationen, schlichten Lügen und hohlen (Wahl) Versprechungen scheint dieser Ratschlag brandaktuell! Prüfen, sich nicht vorschnell einfach alles zu eigen machen und übernehmen, das ist wichtig. Dazu gehört auch, nicht nur das zu prüfen, was von außen kommt, sondern auch sich selbst immer wieder zu prüfen – auch wenn das manchmal ganz schön unbequem ist.

„Prüft“ – das ist Mehrzahl! Jeder und jede von uns soll, darf und kann prüfen! Wir Christinnen alle sollen prüfen, ob das Leben im Kleinen wie im Großen dem Evangelium gerecht wird. Das Prüfen ist in der Kirche nicht bloß Aufgabe von Pastoren/innen, Bischöfen/innen, Theologen/innen oder gar eines Papstes. Wir alle sind als „Prüfer“ gefordert!

Und „alles“ sollen wir prüfen, nichts ist davon ausgenommen! Und das „Gute“ sollen wir beibehalten.

Das ist alles gut und schön. Aber welches sind die christlichen Maßstäbe, nach denen wir prüfen sollen? Da fallen mir natürlich zuerst die 10 Gebote ein. Einen schlichteren, weil kürzeren Maßstab, gibt uns Jesus an die Hand:                                                             

35Einer von ihnen, ein Schriftgelehrter, wollte Jesus auf die Probe stellen und fragte: 36»Lehrer, welches Gebot im Gesetz ist das größte?« 37Jesus antwortete: »›Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Denken.‹ 38Dies ist das größte und wichtigste Gebot. 39Aber das folgende Gebot ist genauso wichtig: ›Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst.‹ 40Diese beiden Gebote fassen alles zusammen, was das Gesetz und die Propheten von den Menschen fordern.« (Matthäus 22:35-40)

Liebe, Liebe zu Gott, dem Mitmenschen und auch die Liebe zu sich selbst – womit sicher nicht dem Egoismus das Wort geredet ist! Aber Selbstbewusstsein, ein Selbstwertgefühl, das soll man schon haben und im sozial verträglichen Rahmen für sein Dasein und Wohlergehen sorgen.

Aber wie kann dieses Prüfen am Maßstab dieser „dreifachen“ Liebe konkret aussehen? Wie kann das z.B. für den neuen Kirchenvorstand unserer vergrößerten Gemeinde Bockenem-Königsdahlum aussehen? Das ist eine wichtige Frage, denn wir werden viel zu prüfen haben, was das Gute ist für die große Gemeinde!

Ich habe diese Zeilen geschrieben zwei Tage nach der spontanen Andacht zur Aufgabe unserer Selbstständigkeit und zum Zusammenschluss mit Bockenem. Lange habe ich gegrübelt: Wie prüft man am Maßstab der Liebe, wie Jesus sie versteht.

Und dann las ich diese Mail meiner Kirchenvorstandskollegin Petra, die sie mir nach jener Andacht vom 30.12.24 geschrieben hatte. Schlagartig wurde mir klar: Ja, genau so müssen wir prüfen! Das ist ein gutes Beispiel aus unserem Alltag. Sie hatte geschrieben:            

 Aus meiner Sicht sollten wir perspektivisch darüber nachdenken, diese Art des Jahresausklanges beizubehalten.

Was ist daran liebevoll? Petra macht ihre Sicht der Dinge deutlich und sie lädt zum gemeinsamen Nachdenken ein. Sie will ihre Sicht nicht einfach durchsetzen, sondern ist für einen gemeinsamen Prüfprozess – mit offenem Ende.

Ggf. als zusätzliches 5n6 zum Jahresabschluss am Tag vor Silvester, um keine "Konkurrenzveranstaltung" zum Regionalgottesdienst zu haben.

Was ist daran liebevoll? Petra macht einen konkreten Termin-Vorschlag und achtet dabei darauf, die Interessen und die Angebote anderer nicht zu berühren.

Ich finde es wichtig, den Menschen vor Ort "etwas zu bieten". Es war schön, dass die Veranstaltung gestern so generationenübergreifend war. Von ganz klein bis reichlich lebenserfahren waren alle Generationen vertreten.

Was ist daran liebevoll? Petra denkt, dass ihr Vorschlag, diese Form der Andachtsgemeinde und der weiterreichenden Begegnung nicht nur eine Art Gottesdienst ist, sondern auch den unterschiedlichsten Menschen und Gruppen der Gemeinde „guttut“. Das ist für sie etwas „Gutes“!  

Diese Verbindung ist m.E. bei den größeren regionalen Veranstaltungen so nicht gegeben. Das sollten wir als unseren "Dahlumer Markenkern" beibehalten und stärken.

Was ist daran liebevoll? Die Kollegin sieht, unter welchen Bedingungen dieses „Gute“ nicht so gut möglich ist, und möchte mit ihrem Vorschlag die Gruppe der Königsdahlumer Gemeindeglieder stärken.

Ja, ich denke so kann es gut gehen in unserem neuen Kirchenvorstand, wenn wir „alles prüfen und das Gute behalten“. Und so funktioniert es gewiss nicht nur im „Kv“!

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St. Johannis Königsdahlum