Freitags 5nach6 - 7 Wochen ohne Verzagtheit 5 Wir gehen gemeinsam

31. März 2023

339 5nach6 31.03.2023_7 Wochen ohne Verzagtheit 5 Wir gehen gemeinsam  Ps 139

Stell dein Licht nicht unter den Scheffel, hieß es beim letzten Mal. Leuchten, also! Aber: Wir sollen uns nicht nur im Licht des eigenen Könnens und des Erfolgs sonnen. Leuchten, d.h. auch: Leuchten für andere, mit anderen.

In diesem Jahr stammen die Bibeltexte für „7 Wochen Ohne“ beinahe durchgehend aus …, aus der Hitparade der bekanntesten und beliebtesten Bibelstellen unserer Zeit. Der folgende Text aus dem Buch Rut des AT ist ein Paradebeispiel zum Thema „Leuchten für andere, mit anderen“:

16Aber Rut antwortete: »Schick mich nicht fort! Ich will dich nicht im Stich lassen. Ja, wohin du gehst, dahin gehe auch ich. Und wo du bleibst, da bleibe auch ich. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott!17Wo du stirbst, da will auch ich sterben, und da will ich auch begraben sein. Der Herr soll mir antun, was immer er will! Nichts kann mich von dir trennen außer dem Tod.« Rut 1,16-17

Licht füreinander sein. Das machen Naomi und ihre Schwiegertochter Rut, als es finster um sie aussieht. Beide sind verwitwet. Naomi hat ihren Mann verloren und ihre zwei Söhne. Mit dem einen war Rut verheiratet.

Zur Trauer kommt die Angst um die Zukunft. Witwen sind in jener von Männern dominierten Welt schutzlos. Allein. Nein, doch nicht ganz. Rut hält an ihrer Schwiegermutter fest. Nicht starr, nicht beengend. Sie bleibt einfach an ihrer Seite. wohin du gehst, dahin gehe auch ich. Und wo du bleibst, da bleibe auch ich.

Ruts Worte werden gern bei Trauungen gesprochen. Liebende wollen immer füreinander da sein, natürlich. Aber auch jenseits von Paarbeziehungen können wir miteinander unterwegs sein. Vielleicht sogar ein Leben lang, als Freunde, Freundinnen, Verwandte. Andere streifen mit ihrem Licht vielleicht nur kurz unser Leben. Und machen es doch hell..
(in: Gemeinschaftswerk der Ev. Publizistik, Leuchten. 7 Wochen ohne Verzagtheit, Fastenkalender, Leipzig, 2022, S. 22.03.)

Dass es bei diesem beliebten Trauungs-Text um eine Schwiegertochter geht, die diesen Satz zu ihrer Schwiegermutter sagt, hat noch nie wirklich gestört. Das Versprechen „Bis dass der Tod uns scheidet“ klingt so schön, dass selbstverständlich auch vermutet wurde, dass die beiden Frauen mehr verbindet als der verstorbene Mann beziehungsweise Sohn. … Es lohnt sich, genauer hinzuschauen, in welcher Situation dieser Satz von Rut geäußert wird.

Der Auftakt macht bereits deutlich, dass sich die beiden gerade eher in einer Auseinandersetzung als in einer romantischen Situation befinden. „Bedräng mich nicht!“, sagt Rut. Der Grund: Noomi hat ihr gerade ausführlich deutlich gemacht, dass sie keine gemeinsame Zukunft für sie beide sieht. Die ältere Noomi will in ihr Heimatland zurück. Sie kann darauf hoffen, dass dort für sie als Witwe ohne Söhne gesorgt wird. Aber für ihre verwitwete Schwiegertochter Rut wird es nicht reichen. Sie stammt aus einem anderen Land und hat keinen Anspruch auf Versorgung.

Noomis andere Schwiegertochter Orpa hat das schon eingesehen und ist in ihr eigenes Land umgekehrt. Rut aber will nicht hören, dabei bietet Noomi jedes vernünftige Argument auf, das es in dieser Situation gibt. Ein Zusammenleben in Noomis Heimat Juda ist nicht möglich, eine Trennung wäre wirtschaftlich und sozial vernünftig. …

Manchmal spricht die Verzagtheit mit der Stimme der Vernunft. Noomi braucht die Vernunft, um trotz ihres bitteren Schicksals weiter funktionieren zu können. Die Vernunft ist eine Stütze für sie, denn sie gibt ihr die Entscheidungen vor, die nun zu treffen sind: Trennung von ihrer Schwiegertochter Rut und sich allein durchschlagen. Das ist vernünftig, das ist alternativlos, das ist der Weg.

Rut will nicht vernünftig handeln. Sie verweigert sich der Vernunft ihrer Schwiegermutter wortreich. „Hör auf, mich zu bedrängen! Es ist mir egal, was du sagst. Ich gehe mit dir, ich bleibe bei dir. Wir gehören zusammen! … Selbst im Grab liegen wir zusammen!“

Manchmal spricht die Unverzagtheit mit der Stimme der Unvernunft. Rut schaut wie ihre Schwiegermutter in die Zukunft, aber es geht ihr nicht um die Frage, ob es den beiden gut gehen wird oder nicht. Ihr geht es darum, dass sie zusammenbleiben, ... Vernunft spielt in diesem Moment keine Rolle. Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, dass dieser Vers so gern bei Trauungen gelesen wird. Man lässt sich auf ein Wagnis ein, bei dem es nicht darauf ankommt, ob es vernünftig ist, sondern darauf, dass man es gemeinsam tut.

Noomi lässt sich auf die Unvernunft Ruts ein. Die nächsten Verse erzählen, wie die beiden nach Juda zurückkehren. Man erfährt nicht, was die beiden geredet haben auf ihrem Weg, aber als sie am Ziel sind, ist Noomi noch keineswegs überzeugt, dass sie das Richtige getan haben. … Die Geschichte geht später gut aus, aber das ist in diesem Moment noch überhaupt nicht absehbar. Das Einzige, das Noomi hat, ist Rut, um die sie sich nun auch noch Sorgen machen muss. Rut, die an ihr hängen will, egal was passiert. (Frank Muchlinsky, Fastenmail 5: Wir gehen gemeinsam!; Hrsg. vom Gemeinschaftswerk der Evang. Publizistik, 22.03.23).

Wir sind es gewohnt, Licht und Vernunft zusammenzudenken. Ein kluger Mensch ist eben ein „helles Köpfchen“, das „Licht ins Dunkel bringt“ mit „erhellenden Ideen“, mit glänzenden Taten – vielleicht sogar ein „leuchtendes Vorbild“.

Liebevolles Leuchten, auch mit anderen zusammen und für andere, das kann auch Unvernunft einschließen.

Es war durchaus nicht vernünftig von Jesus, sich auf einen Konflikt mit der jüdischen Priesterschaft einzulassen. Es war durchaus nicht vernünftig von Jesus, sich ausgerechnet zum Passafest in die aufgeheizte Stimmung nach Jerusalem zu begeben. Es war durchaus nicht vernünftig von Jesus, sich widerstandslos festnehmen zu lassen und damit dem sicheren Tod entgegenzugehen - und das alles um der Liebe willen, wegen der Liebe Gottes zu den Menschen.

Liebe ist nicht immer vernünftig, sie kann auch das Unvernünftige einschließen. Erich Fried hat diesen Gedanken in eines der schönsten Liebesgedichte gefasst:
E.Fried, Was es ist, aus: Es ist was es ist: Liebesgedichte, Angstgedichte, Zorngedichte 2007, Berlin.

«Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
 

Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe.

 

Es scheint unsinnig, in Zeiten knappen Geldes Kirchensteuer zu zahlen.

Es scheint schmerzlich, sich die Geschichten von verwitweten Menschen anzuhören.

Es scheint aussichtslos, sich für Drogenabhängige oder Straffällige einzusetzen.

Es scheint lächerlich, für den Erhalt des Waldes ein paar Bäume zu pflanzen.

Es scheint leichtsinnig, sich wegen des Klimawandels auf der Fahrbahn festzukleben.

Es scheint unmöglich, Frieden ohne Waffen zu schaffen.

 

Nein, es ist Liebe – es ist die unbedingte Bereitschaft, mit anderen und für andere Licht in die Dunkelheiten dieser Welt zu bringen.

Gebet für den Frieden (Hl. Franz von Assisi - bearbeitet)

Gott, mach mich zu einem Werkzeug Deines Friedens,
dass ich liebe, wo man hasst;
dass ich verzeihe, wo man beleidigt;
dass ich verbinde, wo Streit ist;
dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum ist;
dass ich Glauben bringe, wo Zweifel droht;
dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält;
dass ich Licht entzünde, wo Finsternis regiert;
dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.
wer sich liebevoll hingibt, der empfängt;
und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben.