Freitags 5nach6 - 7 W ohne Panik 3

14. März 2025

420 5nach6_14.03.25_7 W ohne Panik 3            Ps 104

Die Fastenzeit hat begonnen! Eine Zeit in der wir gemeinsam Dinge über Bord schmeißen, die uns belasten. Gleichzeitig nehmen wir uns Zeit, uns für das zu öffnen, was uns guttut. Gerade bewegen wir uns irgendwo zwischen Schnappatmung, stockendem Atem und Luft anhalten. Wir werden so mit schlechten Nachrichten zugeschmissen, dass es kein Wunder ist, wenn Panik in uns hochsteigt. Wir lernen: Schlimmer geht immer.

In den kommenden sieben Wochen werden wir daran kaum etwas ändern. Aber wir können unsere Widerstandskräfte stärken. Wir können uns der Wirklichkeit gegenüber nicht verschließen, aber wir können ändern, wie wir darauf reagieren. Wir können die Angst nicht abstellen, aber wir können unsere Gedanken immer wieder auf Gutes lenken. …

Es beginnt mit dem Anfang, mit der Schöpfungsgeschichte. Hier geht es darum, was die Welt und uns Menschen ausmacht. Warum sind wir, wie wir sind? Was macht den Menschen aus? Die Antworten der Bibel sind häufig sehr anders als die, die wir einander heute geben. Nehmen wir zum Beispiel die Frage: Woraus bestehen Menschen?

„Der erwachsene Mensch besteht zu etwa 50 bis 65 Prozent aus Wasser.“ So schreibt es die Techniker Krankenkasse in einem Artikel, in dem sie erläutern will, warum es wichtig ist, viel zu trinken. … Spannend finde ich, wie die TK es formuliert, denn sie schreibt nicht: „Der menschliche Körper“ besteht vorwiegend aus Wasser, sondern: „Der Mensch“. Selbstverständlich ist in dem Artikel nur der menschliche Körper gemeint und nicht der Mensch an sich.

Trotzdem sind Aussagen darüber, woraus der Mensch besteht, vorstellbar und sogar amüsant. Ich stelle mir Formulierungen vor wie „Der Mensch besteht zu 50 Prozent aus Liebe und zu weiteren 50 Prozent aus Angst vor der Liebe“, oder „Der erwachsene Mensch besteht zu mindestens 60 Prozent aus Enttäuschungen, zu 30 Prozent aus Hoffnungen und zu 10 Prozent aus Illusionen“.

Die Bibel schreibt: „Der Mensch besteht aus Staub und Gottes Atem.“ (1. Mose 2,7) Das ist keine wissenschaftliche Aussage über den menschlichen Körper, sondern eine Aussage über das Wesen von uns Menschen. Ich mag diese Aussage, denn sie lässt viel Spielraum für Fantasie. … Der Mensch ist aus dem Stoff, der alles verbindet. Aus kleinsten Bausteinen, aus Materie und – nun folgt die zweite Komponente – aus Atem.

In dem Moment, als Gott dem Menschen seinen Atem in die Nase bläst, wird der Mensch lebendig. Ich kann mir vorstellen, wie ich bei jedem Einatmen wieder Leben in mich aufnehme, ja sogar Gott in mich aufnehme. Einfach durch Atmen. Meistens merke ich ja nicht mal, dass ich atme. Aber wie gesagt: Ich kann bewusst und tief einatmen, wenn ich das möchte. Das ist dann, als ob ich ein Fenster ganz weit aufmache, um frische Luft in mein staubiges Ich zu lassen. (nach: 7 Wochen Ohneinfo@7-wochen-ohne.de)

So weit so gut. Das Einatmen hilft, das „Einatmen“, das Aufnehmen von Gottes Liebe zu mir hilft. Aber davon hört der Krieg in der Ukraine nicht auf und die Klimakrise auch nicht – um nur zwei Dinge zu nennen, die einem die Luft abschnüren können, die einen bisweilen verzweifelt aufseufzen lassen.

Seufzen, ein altes, eher selten gewordenes Wort …

Wenn man seufzt, dann ist es oft kein verständliches Wort, das über die Lippen kommt, sondern nur ein Laut. Man atmet langsam, tief und schwer ein und dann hörbar, meist mit einem klagenden Ton aus. Wer einem zuhört, weiß, dass es einem nicht gut geht. Kummer, Schmerz, Enttäuschung, Wehmut, Sehnsucht oder Resignation drängen aus der Person heraus. Verwandt ist das Seufzen mit dem Ächzen - vor allem bei schwerer körperlicher, aber auch seelischer Belastung) sowie das Stöhnen, wenn man Schmerzen hat (vgl. Wikipedia und Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache - DWDS).

Seufzen ist nicht nur, aber vor allem ein Ausatmen. Nach einem eher schweren Einatmen, folgt das stöhnende Ausatmen. Seufzen eben.

Seufzen entlastet. Man kann rauslassen, was gerade nervt, stresst, schwer auf der Seele liegt. Schluchzende Kinder machen es vor: Sie atmen lange und inbrünstig aus. Seufz! Jedes Mal löst sich ihre innere Anspannung ein wenig mehr. Und irgendwann legt sich Ruhe über sie. Wie bei einem Gebet. Denn Seufzen bleibt nicht im luftleeren Raum. Es richtet sich an ein Gegenüber.  Mutter, Vater. Oder eben Gott.

Die Stoßseufzer „Oje“ und „Herrje“ sind nichts anderes als „Kurzgebete“. Ausgeschrieben bedeuten sie „O Jesus“ und „Herr Jesus“. Für manches fehlen einem einfach die Worte, da hat es einem die Sprache verschlagen. Doch es geht auch ohne: Wenn Menschen nicht wissen, was sie beten sollen, tritt der Heilige Geist für sie ein mit einem wortlosen Seufzen (Rö 8, 26) Martin Vorländer in: Ev. Verlagsanstalt -Hg.- Fastenkalender Luft holen! Sieben Wochen ohne Panik, Leipzig, 2024, Tag 12. März).

Rauslassen, was schwer auf der Seele liegt … Das sagt sich so leicht. Marlies Fricke schreibt: Die Weltlage, die Kriege und Krisen machen das Herz oft schwer. Jeder versucht, damit umzugehen. Ich gehe zu öffentlichen Friedensgebeten. Eine Bekannte hat sich im Baumarkt drei Ziegelsteine gekauft und in ihrer Wohnung aufgestellt. „Meine Klagemauer“, sagt sie und steckt in Anlehnung an die Klagemauer in Jerusalem täglich ein paar Zettelchen in die Löcher und Ritzen: Bitten, Klagen, Sorgen, Ängste, Hoffnungen: „Das Aufschreiben und Abgeben ist Gebet für mich.“ Denn sie spüre dabei, dass sie nicht alles alleine tragen muss. (Luft holen, Tag 14. März)

Was würden Sie auf so einen Zettel schreiben?

Dass ich nicht alles allein tragen muss, schrieb Marlies Fricke. Wer hört mein Seufzen und trägt es mit?

Ich denke, es ist Gott.

Vor der Auferweckung Jesu, die wir Ostern feiern, hat Gott das verzweifelte Seufzen und Klagen Jesu gehört „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?!“

Unser Glaube ist nicht nur eine Geschichte um Auferstehungen zu neuem Leben, er ist auch eine Geschichte der gestöhnten, aber auch der gehörten und erhörten Seufzer.

Das Seufzen hat seinen festen Platz in der Bibel: Ich bin so müde vom Seufzen (Jer 45,3) klagt der Prophet Jeremia. Wie er dürfen wir Gott hoffnungsvoll bitten: Verbirg deine Ohren nicht vor meinem Seufzen (Klgl 3,56).

Und so hören wir auch von der glaubenden Gewissheit, dass mein Seufzen dir, Gott, nicht verborgen ist (Ps 38,10), ja mehr noch, nämlich dass Gott allem Seufzen ein Ende macht (Jes 21,2).

Da ist das Seufzen über politische Verhältnisse der Unterdrückung: Die Israeliten seufzten über ihre Knechtschaft (2Mos 2,23) in Ägypten.

Da ist das erhörte Seufzen über die persönliche Notlage: Weil die Armen seufzen, will ich aufstehen (Ps 12,6) oder das Seufzen, wenn dir Leib und Leben vergehen (Spr 5,11).

Da ist sogar das Seufzen der bedrohten Natur: Die ganze Schöpfung seufzt mit uns (Rö 8,22)

Der Schriftsteller Erich Fried schreibt in seinem Gedicht „Aufhebung“ u.a.:

 

… vielleicht auch sein Unglück

Sagen können

In Worten

In wirklichen Worten

Die zusammenhängen

Und Sinn haben

 

Die vielleicht sogar

Irgendwer versteht

Oder verstehen könnte

Und weinen können

Das wäre schon

Fast wieder

Glück

 

 

 

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St. Johannis Königsdahlum