Freitags 5nach6 - Silvester

28. Dezember 2023

365 5nach6 29.12.2023 Silvester                                     Ps 121

Unsere Andachten unterwegs nach Weihnachten kreisten um einige Schlüsselbegriffe:

Die Offenheit für das Unerwartete
Das hoffnungsvoll ausgerichtete Erwarten
Das „aktive“ Warten i.S. von „suchen“
Schließlich das Wechselspiel von „finden“ und „gefunden werden“.

Und man findet alles in der Erzählung des Evangelisten Lukas rund um die Geburt Jesu!

Maria ist offen für das wahrlich Unerwartete, als der Engel ihr die Geburt Jesu ankündigt (Lk 1,28-38 i.A.):

28Der Engel trat bei ihr ein und sagte: »Sei gegrüßt! Gott hat dir seine Gnade geschenkt. Der Herr ist mit dir.«29Maria erschrak über diese Worte und fragte sich: »Was hat dieser Gruß zu bedeuten?«
30Da sagte der Engel zu ihr:»…31Du wirst schwanger werden und einen Sohn zur Welt bringen. Dem sollst du den Namen Jesus geben ...38Da sagte Maria: »Ich diene dem Herrn. Es soll an mir geschehen, was du gesagt hast.«

 

Wenig später wird sie aktiv und ist unterwegs mit Josef in ein verändertes Leben. Und nach dem ersten Schrecken sind auch die Hirten auf dem Felde offen für das Unerwartete. Sie lassen sich – im wahrsten Sinne des Wortes – in Gang setzen, ähnlich wie die drei Weisen, von denen Matthäus erzählt (Mt 2, 1-12).
 

Und Maria ist guter Hoffnung, sie ist voller Erwartung auf ihr Kind, regelrecht erfüllt spricht sie (Lk 1, 47 – 55 i.A.):

                                                                                                                                      »Ich lobe den Herrn aus tiefstem Herzen. 47Alles in mir jubelt vor Freudeüber Gott, meinen Retter. 48Denn er wendet sich mir zu, obwohl ich nur seine unbedeutende Dienerin bin. … 49… Gott, der mächtig ist, hat Großes an mir getan. … 50Er ist barmherzig zu denen, die ihm Ehre erweisen – von Generation zu Generation. 51Er hebt seinen starken Arm und fegt die Überheblichen hinweg. 52Er stürzt die Machthaber vom Thron und hebt die Unbedeutenden empor. 53Er füllt den Hungernden die Hände mit guten Gaben und schickt die Reichen mit leeren Händen fort. …«

Nach der Botschaft der Engel erwarten auch die Hirten hoffnungsvoll etwas. Ganz ausgerichtet sind sie auf die Worte des Engels und so wird aus dem bloßen Erwarten ein aktives Warten – suchen das angekündigte Kind. Sie machen sich auf den Weg – genau wie Maria und Josef, genau wie die drei Weisen aus dem Morgenland.

Alle Figuren, die wir von den Krippendarstellungen kennen, hoffen, gehen, suchen, finden – und werden gefunden von den Boten Gottes und ihren Botschaften. Sie finden Raum, sie finden wertschätzende Anerkennung, sie finden Mut und Energie, sie finden sich, sie finden Gemeinschaft, sie finden einen Grund für weitere Hoffnung – das Kind!

Zum Ende des Jahres sind diese Schlüsselwörter sicher auch geeignet, zurückzuschauen auf 2023

* Die Offenheit für das Unerwartete
* Das hoffnungsvoll ausgerichtete Erwarten
* Das „aktive“ Warten i.S. von „suchen“

* Schließlich das Wechselspiel von „finden“ und „gefunden werden“.

Wo ist Ihnen im zu Ende gehenden Jahr Unerwartetes geschehen? Waren Sie offen dafür? Konnten Sie damit umgehen?

Worauf haben Sie gehofft? Was haben Sie gesucht? Wen oder was haben Sie gefunden? Wer oder was hat Sie gefunden?

Und diese Fragen sind auch geeignet, auszublicken auf 2024:

Sind Sie hoffnungsvoll offen? Worauf hoffen Sie? Wen oder was suchen Sie, wen oder was hoffen Sie zu finden?

Von wem oder wovon möchten Sie gefunden werden?

Jemand, der Königsdahlum und 5nach6 verbunden ist, schickte mir in diesem Zusammenhang ein Zitat des kath. Theologen Karl Rahner:

Wir gehen, wir müssen suchen. Aber das Letzte und Eigentliche kommt uns entgegen, sucht uns, freilich nur, wenn wir gehen, wenn wir entgegengehen.

Und wenn wir gefunden haben, weil wir gefunden wurden, werden wir erfahren, dass unser Entgegengehen selbst schon getragen war

(Gnade nennt man dieses Getragen sein) von der Kraft der Bewegung, die auf uns zukommt, von der Bewegung Gottes zu uns.
aus: R. Bischof, K. Gasperi, Den Himmel mit den Händen Fassen, Tyrolia Verlag. Fundstelle: Dreifaltigkeitssonntag | 12. Juni 2022: Meditation - Steiermark | SONNTAGSBLATT (meinekirchenzeitung.at)

Das ist für ein einmaliges Hören oder Lesen zu schwierig. Also noch einmal:

Wir gehen, wir müssen suchen.
Klar: Wir gehen unseren Lebensweg. Und wir sind auf der Suche – wonach auch immer.

Aber das Letzte und Eigentliche kommt uns entgegen.
Wer ist das Letzte und Eigentliche, das uns entgegenkommt?
 Der Tod? Nein, der kommt nicht, der wartet auf uns.
 Gott? Ja, Gott kommt uns entgegen – in vielerlei Gestalt, in den Engeln der WeihnachtsErzählung, in dem Kind in der Krippe, nicht zuletzt in seinem Wort.

Das Letzte und Eigentliche sucht uns, … nur, wenn wir gehen, wenn wir entgegengehen. Gott möchte uns finden, sich selbst aber auch von uns finden lassen. Wir müssen ihm schon entgegengehen, offen, sensibel, empfangsbereit – sonst verfehlen wir uns womöglich.

Und wenn wir gefunden haben, weil wir gefunden wurden, werden wir erfahren, dass unser Entgegengehen selbst schon getragen war.

Hä? Also … wir werden Gott finden – irgendwann, irgendwie, immer wieder, immer wieder anders. Sicher? Ja, ganz sicher! Weil er uns schon längst gefunden hat! Unser ganzes Leben lang, unser ganzes Suchen lang werden wir nämlich von Gott getragen.  

Gnade nennt man dieses Getragen-sein von der Kraft der Bewegung, die auf uns zukommt, von der Bewegung Gottes zu uns.

Gott bewegt sich auf uns zu, immer wieder, trägt und umhüllt uns – das ist Gnade.

Und so wünsche ich uns, dass wir in 2024 gefunden werden von der gnädigen Liebe Gottes und sie auch finden, spüren. Sie will uns tragen – wer oder was immer uns auch sonst noch begegnet.

Gebet:

Ach Gott, wieder geht ein Jahr zu Ende.
Je älter ich werde,
desto kürzer kommen mir die Jahre vor.
Immer schneller schreitet die Zeit voran.
In meinen Gedanken
lasse ich die Tage und Wochen
noch einmal vorüberziehen.
Bilder erscheinen vor meinem Auge;
Worte, die gesprochen wurden,
gehen mir von neuem durch den Kopf;
Menschen, denen ich begegnet bin,
fühle ich mich nahe.
Schönes habe ich erlebt.
und ich danke dir dafür,
Gott.
Hindernisse habe ich überwunden,
Lasten habe ich getragen,
Enttäuschungen habe ich hinnehmen müssen.
Manchmal,
Gott,
ich habe dich gesucht
hinter Fragen,
auf die ich keine Antwort.
Nicht immer habe ich dich gefunden.
Und doch warst du bei mir,
hast mich geführt und begleitet,
bewahrt und beschützt.
Das Jahr geht zu Ende.
Mein Dank,
Gott,
bleibt.

(bearbeitet aus: Eckhard Herrmann, aus: Aus meines Herzens Grunde. Gebete für jeden Tag; Claudius Verlag, München 2005)