Freitags 5nach6 - Heimat 1

08. August 2025

435 5nach6_08.08.25_Heimat 1                        Ps 23

Hannchen Loss und Heidi Hauke ziehen weg. Das ist schade, aber sie haben gute Gründe für diesen Schritt – und unsere guten Wünsche begleiten sie auf ihrem Weg in die, ja, wohin? In die neue Heimat?

Als ich das schrieb, kamen mir einige Fragen in den Sinn. Es ist nämlich gar nicht so einfach mit der „Heimat“ …

War Königsdahlum, war unsere Gemeinde Heimat für die beiden? Warum (nicht)? Können Bodenburg und Berlin „neue Heimat“ werden? Kann man mehr als eine Heimat haben? Ist Heimat ein Ort oder etwas anderes?

Was weiß denn die Bibel über Heimat?

Lese ich das Alte Testament mit der „Heimat-Brille“, stelle ich fest. Eigentlich sind die Israeliten in den über 1000 Jahren ihrer Geschichte, soweit das AT sie widerspiegelt, reichlich unterwegs gewesen! Von wegen Heimat!

Adam und Eva werden aus dem Paradies vertrieben. Kain wird verbannt, nachdem er seinen Bruder Abel erschlagen hat.

Die Abraham-Erzählungen sprechen von einer Art kleiner Völkerwanderung aus dem Bereich des heutigen Irak über Syrien in das Gebiet zwischen den Fluss Jordan und dem Mittelmeer.

Jakob zieht in die Wüste, nachdem er seinen Bruder Esau betrogen hat.

Die Josephs-Geschichten schildern eine Art Hunger-Migration aus diesem Gebiet in die fruchtbare Nil-Region Ägyptens.

Die Mose-Tradition beschreibt den „Rückweg“ in die Freiheit und Eigenständigkeit im Gebiet des heutigen Israel.

Die wechselvolle Geschichte Israels bringt dann Deportationen in das Reich Babylon, also etwa die Region zwischen Bagdad und dem Persischen Golf.

Das, was man heute vielleicht als zwei- oder dreiwöchige Nahost-Reise all inclusive buchen kann, war damals ein bisweilen jahrzehntelanges, belastendes Unterfangen!

Und die Israeliten hatten ihren Gott dabei! Wikipedia weiß (bearbeitet):

Die Bundeslade mit den Steintafeln der 10 Gebote galt nach dem Auszug aus Ägypten und während Israels Wüstenwanderung und der sog. Landnahme als Garantie für Gottes Gegenwart inmitten des Volkes. … Nach der biblischen Beschreibung (Ex 25,10–22 EU) war sie eine 130 (L) × 80 (B) × 80 (H) cm große, innen wie außen mit Gold überzogene Truhe aus Akazienholz, die mit goldenen Ringen versehen war, durch die zwei Tragestangen geführt wurden. …  Die Bundeslade mitgetragen und in einem zerlegbaren Zelttempel, der Stiftshütte, aufbewahrt. Später hatte sie einen festen Platz im Jerusalemer Tempel. Heute gilt sie als verschollen.

Mit der Bundeslade haben die Israeliten ihre religiöse Heimat mitgeführt! Und Gott vergleichen sie mit einem Hirten (Ps 23), der – voller Fürsorge - mit seinen Schafen unterwegs ist. Das hat mit einer geografischen Heimat erst einmal nicht allzu viel zu tun …

Und im Neuen Testament? Jesus war wohl eher ein Wanderprediger, als dass man ihn als Einwohner Nazareths bezeichnen könnte. Bei Matthäus heißt es: "Die Füchse haben ihre Baue und die Vögel des Himmels haben ihre Nester; aber der Menschensohn hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann" (Matthäus 8:20). So ist die Erzählung von Weihnachten auch eher eine Erzählung vom Unterwegs-Sein als eine Heimat-Erzählung.

Und heute? Meine Schüler/innen Andrè Wojciechowski, Michele Solimando, Aris und Fatma Yalcinkaya leben gut integriert bei uns, aber sie haben Vorfahren aus Polen, Italien, Griechenland und der Türkei. Die Eltern meiner Frau wurden aus Ostpreußen vertrieben, aber ihre Vorfahren waren Protestanten, die wegen ihres Glaubens aus Österreich nach Ostpreußen gezogen waren.

Was kann ich aus diesen Befunden herauslesen?

Hat die Psychologin Beate Mitzscherlich Recht, wenn sie sagt: Eigentlich sind wir Nomaden! (B.Mitzscherlich, Eigentlich sind wir Nomaden, in: Andere Zeiten e.V. (Hg.), Anders handeln 2/2025, Hamburg, 2025, S.9)

Menschheitsgeschichtlich nicht verkehrt, denn wir alle haben noch Erbgut in uns, das auf Vorfahren zurückzuführen ist, die aus Afrika nach Europa gekommen sind.

Gehören Hannchen Loss und Heidi Hauke auch nur zu diesen Milliarden Menschen, die im Laufe der Zeit „einfach“ nur weiterziehen – ohne wirkliche Heimat?  Oder ziehen sie von einer Heimat zur nächsten?

Wo finden wir überhaupt Heimat?

Der Verfasser des Hebräer-Briefes formuliert so (Hebr 13,14): „Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“

Finden wir Heimat etwa erst auf dem Friedhof, in der Geborgenheit bei Gott?

Eine endgültige, ewige Heimat nach dem Tod im Reich Gottes. Ja, das glauben Christen.

Und vorher sind wir heimatlos?

Nein, das Reich Gottes, so etwas wie Heimat im Sinne Gottes, blitzt immer wieder, punktuell auf! Jesus sagt es (Lukas 17):

20Die Pharisäer fragten Jesus: »Wann kommt das Reich Gottes?« Jesus antwortete: »Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es an äußeren Anzeichen erkennen kann. 21Man wird auch nicht sagen: ›Schau her, hier ist es!‹, oder: ›Dort ist es!‹ Nein, das Reich Gottes ist schon da – mitten unter euch.«

Wann können wir so etwas wie Heimat im Sinne Gottes empfinden? Vielleicht gibt uns Ps 23 einige Hinweise!

Der HERR ist mein Hirte,

Heimat ist vielleicht da, wo ich mich in guten und schlechten Tagen behütet fühle.

mir wird nichts mangeln.

Heimat ist vielleicht da, wo ich mein Auskommen habe.

2Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.

Heimat ist vielleicht da, wo ich in und von einer – zumindest halbwegs - gesunden Umwelt leben kann.

3Er erquicket meine Seele.

Heimat ist vielleicht da, wo ich mich voller Freude quicklebendig fühle und Dankbarkeit empfinde.

Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.

Heimat ist vielleicht da, wo ich das Gefühl habe, auf einem guten Lebensweg zu sein begleitet und geleitet von Gott.

4Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück;
denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.

Heimat ist vielleicht da, wo ich inmitten von Not und Bedrängnis mit meinen Ängsten umgehen kann, weil ich auch Trost, Rat und Hilfe spüre.  

5Du bereitest vor mir einen Tisch

Heimat ist vielleicht da, wo ich nicht allein essen muss, sondern in gelingender Gemeinschaft lebe – mit anderen und mit Gott.

im Angesicht meiner Feinde.

Heimat ist vielleicht da, wo ich auch angesichts von Bedrohungen leben kann.

Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.

Heimat ist vielleicht da, wo ich mich in meiner Würde wertgeschätzt fühle – von den Mitmenschen und von Gott.

6Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,

Heimat ist vielleicht da, wo ich erkennen kann, wie gut es mir – manchmal trotz allem – geht.

und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.

Heimat ist vielleicht da, wo sich mir eine lebenswerte Zukunft eröffnen, wo ich Geborgenheit erhoffen kann – letztlich in Gottes Ewigkeit.

Gebet:

Gott, du hast uns die Erde als Heimat für alle Menschen anvertraut.
Möge jede und jeder einen Platz finden, von dem gesagt werden kann:
„Hier kann ich gut sein!“
Gott, du breitest deine Arme schützend über diese Welt.
Lass auf der Erde deine Menschenfreundlichkeit sichtbar werden.
Amen.

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St. Johannis Königsdahlum