Freitags 5nach6 - Schenken

15. Oktober 2025

445 5nach6_17.10.25_Schenken                              Ps 104

Wir kommen ja her vom Erntedank, vom Danken. Da ist es vielleicht ganz sinnvoll, auch über das Geben, das Schenken nachzudenken – bevor uns die Medien mit Geschenk- tipps für Weihnachten überrollen. Und manch einer überlegt ja jetzt auch schon: „Was schenke ich wem zum Fest?!“

Die Herkunft des Wortes „schenken“ ist interessant: Im Mittelhochdeutschen bedeutete es ursprünglich „zu trinken geben“, eigentlich ein Gefäß schief halten, aus dem eingeschenkt wird. Da wechselten also nicht irgendwelche Gegenstände den Besitzer, sondern es ging um Lebenserhalt und Erfrischung.

Für die spätere Weitergabe von materiellen Geschenken gibt die besten Tipps für mich immer noch Joachim Ringelnatz:

J.Ringelnatz, Schenken

Schenke groß oder klein,
Aber immer gediegen.
Wenn die Bedachten
Die Gaben wiegen,
sei dein Gewissen rein.

Schenke herzlich und frei.
Schenke dabei,
Was in dir wohnt
An Meinung, Geschmack und Humor,
So dass die eigene Freude zuvor
Dich reichlich belohnt.

Schenke mit Geist ohne List.
Sei eingedenk,
Dass dein Geschenk
Du selber bist.

 

 

„Gediegen“ sollen wir also schenken. Ein altes Wort, das in unserer Alltagssprache kaum noch vorkommt. Aus dem Althochdeutschen stammend, ist es verwandt mit „gedeihen“, also wachsen. Und was beispielsweise im Garten gediehen ist, ist gereift, rein, haltbar und im übertragenen Sinne zuverlässig, solide, stilvoll, also kein unnützer Kitsch oder „Stehrümchen“, d.h. etwas das nur sinnlos rumsteht.

 

Ein hoher Anspruch!

 

Ringelnatz geht interessanterweise von sich aus, von dem aus, der etwas verschenken möchte. „Herzlich und frei“ soll mein Geschenk sein, also von Herzen kommen und nicht gezwungen sein, weil „man“ zu einem bestimmten Anlass schenken muss, womöglich sogar etwas Bestimmtes schenken muss.

 

Ich freue mich immer, wenn jemand zu einem Geschenk sagt: „Ach, das war doch nicht nötig!“ Ich antworte dann gerne befreit: „Nein, nötig nicht. Aber es hat mich gefreut, mir etwas für dich zu überlegen – und dich freut es hoffentlich auch.“

 

Ringelnatz schaut überraschenderweise erst einmal in sich hinein, schaut, „was in ihm wohnt“. Nur dann kann nämlich vor der Freude des Beschenkten die Vorfreude darauf beim Schenkenden aufkommen.

 

Und dann das: „Sei eingedenk / Dass dein Geschenk / Du selber bist.“ Es geht Ringelnatz also gar nicht um den materiellen Wert oder den Nutzwert des Geschenks für den beschenkten! Es geht darum, dass der Schenkende sich als Person in eine wertschätzende, liebevolle Beziehung zu dem Beschenkten setzt.

Im 1. Johannes-Brief heißt es (4,16): Gott ist Liebe. Und wer in der Liebe lebt, ist mit Gott verbunden, und Gott ist mit ihm verbunden.

Und das hat – auch – etwas mit „Schenken“ zu tun? Ja, denn Gott ist der Liebevolle, der die größten Geschenke macht!

Jürgen Werth hat das in die Worte eines modernen Kirchenliedes gefasst:

 

Du bist du

 

Vergiss es nie, dass du lebst, war keine eigene Idee
Und dass du atmest, kein Entschluss von dir
Vergiss es nie, dass du lebst, war eines Anderen Idee
Und dass du atmest, sein Geschenk an dich

Refrain
Du bist gewollt, kein Kind des Zufalls, keine Laune der Natur
Ganz egal, ob du dein Lebenslied in Moll singst oder Dur
Du bist ein Gedanke Gottes, ein genialer noch dazu
Du bist du, das ist der Clou
Ja, der Clou
Ja, du bist du

Vergiss es nie, niemand denkt und fühlt und handelt so wie du
Und niemand lächelt so, wie du′s grad tust
Vergiss es nie, niemand sieht den Himmel ganz genau wie du
Und niemand hat je, was du weißt, gewusst

Vergiss es nie, dein Gesicht hat niemand sonst auf dieser Welt
Und solche Augen hast alleine du
Vergiss es nie, du bist reich, egal ob mit, ob ohne Geld
Denn du kannst leben, niemand lebt wie du


Mein Leben ist Gottes liebevolles Geschenk an mich.

Und Jesus ist ein unvergleichlicher Geschenke-Macher!
Dem Zöllner Zachäus schenkt er Aufmerksamkeit, Kranken schenkt er Hilfe und Heilung, Ängstlichen schenkt er Trost und Halt (Sturmstillung), Hungernden und Durstigen schenkt er Brot und Wein (Speisungswunder, Hochzeit zu Kanaa), noch am Kreuz schenkt er Vergebung – aus der Liebe heraus, die in ihm wohnt und die die Beziehung zu den Menschen prägt, die er beschenkt.

Zu den bekanntesten Geschenken in der Bibel gehören die Gaben der drei Könige für das Krippenkind Jesus: Gold, Weihrauch und Myrrhe.

Gold steht für Gott. Es geht den Königen als nicht um ein Geldgeschenk, es geht darum die besondere Nähe Gottes zu Jesus, die Göttlichkeit Jesu zu verdeutlichen.

Weihrauch wurde im Jerusalemer Tempel in Kohlebecken verbrannt. Der Rauch stieg auf in den Himmel, in dem nach damaligem Verständnis Gott wohnte. Auch hier geht es also um die besondere Verbindung des beschenkten Kindes mit Gott.

Myrrhe diente ebenfalls als Räuchermittel und auch als Salbungsmittel sowie als Heilmittel. Kosmetika oder Heilmittel enthalten auch heute noch bisweilen Myrrhe (Myrrhen-Tinktur) Mit Myrrhe getränkte Leichentücher hemmten seinerzeit die Verwesung. Myrrhe deutete also auf Jesus, den Heilsbringer, den Heiland hin, der das Heil, das ihm innewohnt, liebevoll verschenkt.

Schauen wir also im Sinne von J. Ringelnatz noch einmal auf uns, auf das, was in uns wohnt, und auf die Beziehung zu dem, den wir beschenken wollen. Dann fällt uns vermutlich auch etwas ein, das genau das zum Ausdruck bringt.

Wir haben zum Geburtstag von unseren jungen Leuten in Heilbronn Karten für den Zirkus Roncalli geschenkt bekommen, der zzt. in Hannover gastiert.

In Martin „wohnt“ eine Zirkusvergangenheit beim MiMa-Zirkus der Ev. Jugend in Hildesheim. Und er weiß, wie gerne wir uns von der Zirkusatmosphäre verzaubern lassen. Zudem haben sie uns nicht allein in den Zirkus fahren lassen. Sie haben sich Zeit genommen und uns geschenkt, gemeinsam mit uns und natürlich den Enkelkindern in den Zirkus zu fahren. Wir haben die gemeinsame Zeit mit dem „Programm“, das uns geschenkt wurde und das uns miteinander verband, in vollen Zügen genossen.

Ich weiß gar nicht, was mich mir gefangen genommen hat – die unglaublichen Leistungen der Artisten/innen in der Manege oder das sprachlose Staunen unseres Enkels, der wie gebannt auf meinem Schoß saß. Ein wunderbarer Tag wurde das! Ein Geschenk!





Gebet:
Liebender Gott,
wir danken dir
für dein liebevolles Geschenk des Lebens in uns und um uns herum.
Inmitten der Höhen und Tiefen des Lebens
erkennen wir die Kostbarkeit jedes Moments.
Lass uns achtsam sein
und die Fülle des Lebens in Dankbarkeit erleben.
Möge unser Herz im Bewusstsein dieser Gaben erstrahlen und ausstrahlen
und so auch das Leben anderer erhellen. Amen.

Liebender Gott,
unser Gebet ist wie ein kleines Geschenk,
ein Geschenk der Hoffnung, der Zuversicht und des Vertrauens in deine Liebe.
Unser Gebet ist wie ein kleines Geschenk – an diese Welt und an mich selbst.

 

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St. Johannis Königsdahlum