Freitags 5nach6 - Nikolaus

02. Dezember 2025

450 5nach6_05.12.25_Nikolaus                                Quellen: 1 S.Niemeyer, M.Lemme, Licht in Sicht – zusammen durch die Weihnachtszeit, Leipzig, 2025, S.12

2 D.Joachim, Die Kinder schützen – Andachtsreihe zum Nikolaus, in: dies., Kurz – Andachten und geistliche Im- pulse, Frankfurt/M, 2022, S. 43 - 49

3 T.Willms, Fast ein Krimi, in: dies., Zwischen Stern und Stall, Neukirchen, 2026, S.86

Ich glaube nicht an die Zauberkraft von Sternschnuppen, trotzdem wünsche ich mir insgeheim etwas, wenn eine fällt. Dass der Nikolaus nachts von Tür zu Tür geht, widerspricht meiner Erfahrung. Trotzdem schaue ich jedes Jahr verstohlen in meine Schuhe. Dass Schnee auch nichts anderes ist als gefrorenes Wasser, weiß ich. Trotzdem stelle ich mir vor, jemand streut Kristall über die Dächer … Dass der Advent auch nur eine Kulisse vor den Baustellen der Welt ist, sagen manche. Trotzdem funkelt was.1

Die Pastorin Doris Joachim erzählt aus ihrem Kindergottesdienst:

„Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier – dann steht das Christkind vor der Tür. Und wenn das fünfte Lichtlein brennt, dann hast du Weihnachten verpennt!“

Kess und fröhlich tragen die Kinder ihr Gedicht vor. Der Nikolaus ist da, alle Jahre wieder im Kindergottesdienst.  … Aus Spaß droht er ein bisschen mit der Rute. Die Kinder wissen, wer sich hinter dem Kostüm verbirgt. … Es ist ein Spiel. Trotzdem ergreift die Kinder so etwas wie Respekt.  … Sie lassen sich vom Nikolaus loben und ermahnen. Und dabei sehen sie ihn spitzbübisch und zugleich ehrfürchtig an.

Sieben bis elf Jahre alt sind sie, die Kinder. … Sie empfangen die kleinen Säckchen mit Keksen und Schokolade wie ein großes Geschenk. Wie etwas, das mehr ist als der Inhalt der kleinen Beutel. Nikolaus, der Freund der Kinder. Einer, der es gut meint mit ihnen. Er bringt ihnen auf geheimnisvolle Weise die Liebe Gottes mit. (S.43)

Den Nikolaus gab es auch in echt und wirklich. Nikolaus von Myra – so hieß er, weil er dort lebte. Das ist in der heutigen Türkei. Und er war Bischof. Er ist ungefähr 270 n.Chr. geboren und er starb an einem 6. Dezember. In welchem Jahr – das weiß man nicht so genau. Überhaupt weiß man wenig von ihm.

Aber was man sich von ihm erzählt, ist eigentlich immer dasselbe. Er war ein Beschützer der Armen und Verfolgten und vor allem ein Freund der Kinder. Vielleicht hat ihn die unsägliche Not und Gewalt zu seiner Zeit dazu gebracht. Denn das hat er wohl erlebt: Christen lebten damals ständig in Angst vor Übergriffen … durch die Römer. Viele verloren ihren Besitz und wurden zu Sklaven gemacht. (S.44)

Sklaverei, dieses Schicksal drohte vielleicht auch den drei Töchtern eines armen Mannes, von denen die bekannteste Nikolaus-Legende erzählt. Der Vater musste sie wohl verkaufen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Nikolaus hört das und ist empört. Drei Nächte hintereinander wirft er Gold durchs Fenster der Mädchen und bewahrt sie so vor einem Schicksal als Sexsklavin.

Dieser Nikolaus ist nicht eine rot bemäntelte Reklamefigur mit Rauschebart, sondern ein Anwalt der Unschuldigen.

Die Töchter bekommen die Geschenke, weil ihr Vater Böses vorhatte. Bei unseren heutigen Nikolausfeiern werden die Kinder gefragt, ob sie brav waren. Eigentlich wäre es andersherum richtig, nämlich die Erwachsenen zu fragen: Wart ihr brav? Habt ihr eure Kinder geachtet, sie behütet? Habt ihr dafür gesorgt, dass sie in Liebe aufwachsen? … Gern würde ich die die Rollen umkehren. Sicher hätte ich Nikolaus auf meiner Seite. (S.45)     

Über Nikolaus von Myra wird seit dem 4. Jhdt. erzählt, dass er der Beschützer der Kinder sei. Doch im 16. Jhdt. verändern sich die Nikolausbräuche. Das liegt auch an der Reformation. Martin Luther hat ja die Verehrung von Heiligen abgelehnt. Ein Christ brauche keinen … Fürsprecher bei Gott außer Christus allein. … Es ist nun nicht so einfach, den heiligen Geschenkebringer und Schutzpatron der Kinder abzuschaffen. Darum kommt Luther auf die Idee, das Beschenken auf das Weihnachtsfest zu verlegen.

Und die Geschenke bringt dann das Christkind, für Luther der „heilige Christ“, also Jesus Christus selbst! Luther verlegte die Beschenkung auf den 25. Dezember. Allerdings scheint er selbst beide Gabenbringer noch akzeptiert zu haben. Über die Jahre entwickelte sich die Bezeichnung „Christkind“ und die Vorstellung als engelsgleiche Erscheinung. Das Christkind verselbständigte sich zusehends, und die Verbindung zu Jesus Christus wurde immer unklarer.

Dennoch wurde und wird Nikolaus weiterhin gefeiert und verehrt. Allerdings verändert sich seine Rolle: Nikolaus wird strenger. Er kommt jetzt nicht mehr heimlich und bringt Geschenke. Er kommt als verkleideter Bischof und gebärdet sich als Pädagoge, leider oft als schlechter. Die Geschenke werden nun an Bedingungen geknüpft. … Was ursprünglich als zuvorkommendes symbolisches Geschenk der Liebe Gottes galt, ist jetzt eine Belohnung, die man sich erst verdienen muss.

Für diese neue Rolle braucht der Nikolaus seit dem 17.Jhdt. Helfershelfer. Das sind finstere Gestalten, die ursprünglich eher zum Höllenpersonal zählten.  … Krampus, Knecht Ruprecht, Schwarzer Piet und so weiter. Gemeinsam ist ihnen etwas, das dem ursprünglichen Nikolaus fremd ist. Sie sollen den Kindern Angst machen. Dieser neue Nikolaus … konfrontiert die Kinder mit ihren vermeintlichen guten und bösen Taten, die in einem Buch aufgeschrieben sind wie in Geheimdienstakten.

Dieses Prinzip wird auch dort beibehalten, wo Nikolaus ohne einen finsteren Beistand kommt. Dann nimmt er eben selbst die Rute in die Hand. In wie vielen Wohnzimmern, Schulklassen oder Kindergruppen hat es Tränen und Angst gegeben. … Hier ist wenig zu spüren von dem Schutzpatron, der den Kindern zeigt, wie sich die bedingungslose Liebe Gottes anfühlt. … In keiner der Legenden über den Bischof von Myra hat Nikolaus gefragt: Habt ihr euer Geschenk, habt ihr eure Rettung auch wirklich verdient?

Evangelische Christen kennen keine Heiligen, die sie im Gebet … um Fürsprache bei Gott bitten. Aber sie kennen Vorbilder im Glauben. Nikolaus ist ein solches Vorbild – ähnlich wie Sankt Martin. Einer der eine Liebe mitbringt, die man sich nicht verdienen muss – die Liebe Gottes. Das ist sehr evangelisch. Heilig ist er, weil er gütig ist. So sollen wir auch sein. (S.46ff)

Es geht also um die Wiederentdeckung des Nikolaus als Wohltäter im Sinne unseres Gottes – durchaus im Gewand und in den Zusammenhängen unserer Zeit - wie in Tina Willms Erzählung „Fast ein Krimi“ (gekürzt):

Seltsame Dinge gehen vor in der Stadt. Ein Unbekannter geht um. Mitten am helllichten Tag. Als Kriminalist könnte man den Spuren folgen, die er legt, und herausfinden, wer er ist. Eines ist klar: Er liest die Lokalzeitung.

Denn immer, wenn dort über eine Einrichtung berichtet wird, die Gutes tut und auf Spenden angewiesen ist, schlägt er wieder zu. Er faltet den Zeitungsartikel und steckt ihn in einen Umschlag. Dann zählt er Geldscheine ab, meistens 50-Euro-Scheine, und legt sie dazu. Dann verschließt er ihn und macht sich auf den Weg.

Einmal versteckt er den Umschlag zwischen den Gesangbüchern in einer Kirche, ein andermal legt er ihn unter die Fußmatte eines Hospizes für sterbende Menschen. Sternsinger, Kindertagesstätten und die Braunschweiger Tafel bedenkt er mit großzügigen Geldgeschenken. Auch Einzelpersonen, die unverschuldet in Not geraten sind, werden von ihm beschenkt.

Heimlich geht er um, der Unbekannte, im Verborgenen treibt er sein gutes Werk voran. Mitten in Braunschweig. Mehr als eine Viertel Million Euro hat er inzwischen verteilt. Und er wird, obgleich er ein Unbekannter ist, immer bekannter. …

Ein Unbekannter geht um. Mitten am helllichten Tag in Braunschweig. Er hinterlässt keine Blutspur, sondern Menschen mit staunenden Augen und offenen Mündern. … Inzwischen soll es die ersten Nachahmungstäter geben …  3

Gebet (nach T.Willms, Segenswunsch, vgl. Quelle 3)

 

Gott, hilf uns,

dass wir auf den Spuren

des Nikolaus wandeln,

dass wir eintreten

in den charmanten Kreislauf

des Schenkens

der beiden ein Lächeln

ins Gesicht zaubert:

Gebenden und Empfangenden.       

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St. Johannis Königsdahlum